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Später beeinflussten sich der Bön und der Buddhismus gegenseitig (→ Synkretismus), wobei aus dem Bön rituelle und schamanistische Elemente oder Bön-Gottheiten in den Buddhismus gelangten und umgekehrt der Buddhismus den Bön wesentlich beeinflusste.

1977 wurde der Bön von der tibetischen Exilregierung und vom Dalai Lama offiziell als fünfte spirituelle Schule des Tibetischen Buddhismus anerkannt.

2006 wurde das Yundrung-Bön Zentrum Shenten Dargyé Ling in Frankreich als Kloster einer eigenständigen Glaubensgemeinschaft vom Staat anerkannt.

Inhaltsverzeichnis

1 Geschichte

2 Verbreitung

3 Formen

3.1 Alter Bön/Schwarzer Bön

3.2 Ewiger Bön/Yungdrung-Bön

3.3 Neuer Bön

4 Lehren

5 Meditation und Dzogchen

6 Praktiken

7 Mythologie

8 Das Pantheon des Bön

8.1 Der Vogel Khyung

8.2 Sangs po 'bum khri

8.3 Palden Lhamo

8.4 Pehar

8.5 Lha, bTsan, gNyan

9 Literatur

9.1 Kanonkataloge

10 Weblinks

11 Einzelnachweise

Geschichte

Teil eines Bön-Lebensrades

Bön-Kloster Khyungpori Tsedruk in Nord-Tibet (AGT)

Die erneuerte Bön-Religion geht der Legende nach auf den mythischen Tönpa (Meister) und Buddha Shenrab Miwoche aus dem Land Tagzig zurück und soll frühere Tieropfer durch symbolische Opferungen abgelöst haben.[2]

Später breitete sich der erneuerte-Bön aus und war Staatsreligion in Zhang-Zhung das den heiligen Berg Kailash umgab. Der zentraltibetische König Songtsen Gampo eroberte im 7. Jahrhundert (vermutlich 634) das Land und beendete mit der Tötung des Königs Ligmincha (Ligmirya) dessen Dynastie.

Unter König Trisong Detsen (ab 755) wurde der Bön zunehmend vom Buddhismus verdrängt und verfolgt. Unter König Langdarma (Regierungszeit 836–842) besserte sich die Lage der Bönpa (Anhänger des Bön) vorübergehend. Nach seiner Ermordung zerfiel das tibetische Königreich. Durch die weitere Verfolgung wurden die Bönpa in die Randbereiche des tibetischen Kulturraumes abgedrängt wie Amdo im Nordosten sowie Dolpo in Nepal.

Mit dem Beginn der so genannten „neuen Übersetzungstradition“ (Sarma) des Buddhismus im 11. Jahrhundert reorganisierten sich sowohl die buddhistische Nyingma-Tradition als auch der Bön auf der Grundlage wieder aufgefundener Lehrtexte (Terma) aus der Zeit der Verfolgung und Wirren. Es wurde ein systematisches Lehrgebäude geschaffen und es verbreitete sich die Ordination von Mönchen und Nonnen.

1405 wurde das Kloster Menri von Bön-Lama Nyammed Sherab Gyeitshen gegründet. Dieses und das später gegründete Kloster Yungdrung Ling wurden Hauptzentren des Bön.

Nach dem Einmarsch der chinesischen Armee Mitte des 20. Jahrhunderts wurden sowohl der Bön als auch der Buddhismus streng verfolgt, besonders während der chinesischen Kulturrevolution (1966–76). Kein tibetisches Kloster hat die Wirren dieser Zeit unbeschädigt überstanden. Das Bön-Kloster Menri wurde in Dolanji im indischen Exil neu gegründet.

1977 erkannte der Dalai Lama Bön als fünfte spirituelle Schule Tibets an. Dem tibetischen Exilparlament gehören seitdem zwei Vertreter des Bön an, wie für die anderen vier Hauptschulen des tibetischen Buddhismus.

Heute gibt es in Tibet und China über 264 aktive Bön-Tempel beziehungsweise Klöster.

Verbreitung

Abgesehen vom wiederaufgebauten Menri-Kloster in Dolanji im indischen Exil ist der Bön in Tibet und in Nepal noch lebendig. In Ost-Tibet ist Bön weiter verbreitet, vereinzelte Kommunen gibt es auch in West- und Zentraltibet sowie unter Nomaden. Seit den 1980er Jahren wurden in Tibet einige Bön-Klöster wieder aufgebaut und von Mönchen besiedelt, so Yungdrung Ling. Des Weiteren ist die Religion des Primi-Volkes in Yunnan eng mit dem tibetischen Bön verwandt.[3]

Formen

In der Geschichte des Bön treten drei unterscheidbare Formen auf, die noch praktiziert werden. Die älteste ist eine vorbuddhistische animistisch-schamanistische Religion, auch alter Bön oder schwarzer Bön genannt. Die zweite Form ist der Yungdrung-Bön, auch ewiger oder glückverheißender Bön genannt, der auf den Buddha Shenrab Miwoche zurückgehen soll. Der neue Bön beruht auf wiederaufgefundenen Texten (Terma).

Bön-Schrift

Alter Bön/Schwarzer Bön

Die animistischen Ursprünge stammen aus vorbuddhistischer Zeit und enthalten schamanistische Rituale und Glaubensformen, die sich vom neuen Bön stark unterscheiden. Die Gelugpa setzten Bön-Zauberer (Nagspa) ein, um Dämonen abzuwehren, und auch die Praktiken des tibetischen Staatsorakels stammen aus der alten Tradition.

Während spätere Bön-Formen die buddhistischen Vorstellungen von Karma und Reinkarnation übernahmen, waren und sind im alten Bön Begräbnisriten zentral, und es gab komplexe Begleitrituale beim Tod des Königs, eines hochgestellten Adligen oder eines Ministers, um diese auf ein gutes Leben im Jenseits vorzubereiten.

Die Bön-Religion hat ein eigenes Pantheon von Göttern, Geistern, Dämonen und anderen Wesen. Die Ritualthemen sind Zauberei, Tranceerlebnisse, Opfer an die Götter, Wahrsagerei, Reisen in die Unterwelt, Wetterzauber, medialer Kontakt zu Geistern und die Abwehr von Dämonen.

Der originale Bön ähnelt somit anderen animistischen Religionen wie dem japanischen Shintō, dem altaischen Animismus oder dem chinesischen Schamanismus.

Ewiger Bön/Yungdrung-Bön

Bön-Mani-Stein mit dem Mantra Om ma tri mu ye sa le du.

Yungdrung Bön (Swastika-Bön), auch Ewiger Bön genannt, geht auf den mythischen Lehrmeister und Buddha (Tönpa) Shenrab Miwoche zurück. Historische Vertreter der Yungdrung-Bön-Tradition sind die Meister Tapihritsa und Drenpa Namkha.

Die Lehren dieser Schule umfassen mehr als 200 Werke. Darunter finden sich auch Schriften zu Philosophie, Heilkunde, Metaphysik und Kosmologie. Die philosophischen Grundlagen stehen dem Buddhismus nahe, so die Lehren über Karma (das Gesetz von Ursache und Wirkung) und Mitgefühl. Die Gottheiten des Alten Bön wurden als Meditations-Gottheiten (Yidam-Gottheiten) oder als Beschützer der Lehre eingebunden und umgekehrt wurden Gottheiten und Dämonen des Bön von den buddhistischen Nyingmapa übernommen.

Tenzin Namdak, Abt eines Bön-Klosters in Nepal

Die Hauptlehren des Yungdrung-Bön sind die „Neun Wege“, andere Unterteilungen nennen „Vier Pforten und eine Schatzkammer“ oder die „Äußeren, Inneren und Geheimen Unterweisungen“. Letztgenannte sind Sutra, Tantra und Dzogchen, ähnlich derer der Nyingma-Schule. Es gibt Hinweise, dass Dzogchen, die Lehren über die „Große Vollkommenheit“, bereits vor dem Buddhismus in Zhang Zhung existierten. Die Dzogchen-Lehren der Nyingma gehen im Unterschied dazu auf Garab Dorje aus dem Land Oddiyana zurück.

Unter den Lehren finden sich auch die Belehrungen des „Zhang Zhung Nyan Gyud“, die "mündlichen Unterweisungen von Zhang Zhung", die ältesten Überlieferungen eines Dzogchen-Meditationssystems der Bön.

Vertreter des Yungdrung-Bön die im Westen lehren sind der ehrwürdige Yongdzin Tenzin Namdak Rinpoche und sein Schüler Tenzin Wangyal Rinpoche.

Bön-Kloster in Sichuan

Neuer Bön

Der neue Bön, auch reformierter Bön genannt, steht systematisch zwischen Yungdrung-Bön und der buddhistischen Nyingma-Tradition. Er entwickelte sich ab dem 14. Jahrhundert aus einer Synthese von Lehrelementen des Yungdrung-Bön und Elementen der Nyingma, vor allem durch das wechselseitige Auffinden von Termas der Bön- und der Nyingmatradition. Ein Vertreter des neuen Bön war Bönzhig Yungdrung Lingpa, als Nyingma-Tertön auch unter dem Namen Dorje Lingpa (1346–1405) bekannt.

Die Rituale ähneln buddhistischen, wobei die rituelle Umkreisung gegenläufig ist. Die angerufenen Gottheiten, Ikonographien, Mythen und Mantren sind bönspezifisch. Auch unterscheidet sich die Ausbildung eines Bön-Mönches nicht von der buddhistischer Mönche, beispielsweise kann ein Geshe-Grad durch Studium von Logik und Philosophie erworben werden und das Ziel der Praxis, Dzogchen, unterscheidet sich nicht allzu sehr vom buddhistischen Dzogchen, in der Liturgie wird Padmasambhava angerufen und den Altar schmückt häufig auch ein Bild des Dalai Lama.

Lehren

Die Lehren des Bön basieren auf umfangreichen Schriften (Kanjur und Tanjur) die verschieden gegliedert werden. Eine der Gliederungen ist jene in die "Neun Wege" des Bön, welche in groben Zügen den neun Fahrzeugen der Nyingma-Tradition entsprechen. Die Grundsätze der Lehre sind dieselben wie im auf Buddha Shakyamuni zurückgehenden Buddhismus, der nach Bön-Auffassung in einem früheren Leben Schüler von Tönpa Shenrab Miwo war. Trotz dieser Nähe zum Buddhismus hat der Bön jedoch auch noch eigene Lehren, Rituale, Mythen und Götter, so dass er als eigenständige Religion gilt.

Die neun Wege des Bön sind folgend eingeteilt:

Weg des Priesters der Voraussage: Wahrsagekunst, Astrologie, Ritualistik und Medizin.

Weg des Priesters des Visuellen: Methoden zur Befriedung der Götter und Dämonen des Diesseits.

Weg des Priesters der Illusion: Methoden zur Beherrschung von Feinden.

Weg des Priesters der Existenz: Methoden zur Erlösung und Fragen über den Zeitraum zwischen Tod und Wiedergeburt.

Weg der tugendhaften Anhänger: Gläubige, die tugendhaft handeln, nach Vervollkommnung streben und Stupas bauen und verehren.

Weg der Asketen: Asketische Disziplinen, teilweise buddhistisch, teilweise unbuddhistisch.

Weg des reinen Schalls: Praxis des höheren Tantras, Theorien über Verwandlung durch Mandalas.

Weg des urzeitlichen Priesters: Ausüben der Praxis von Mandalas durch Anfertigung, Meditation und Verwirklichung von überrationalen Zuständen der Vollkommenheit.

Die höchste Vollendung (Dzogchen)

Andere Einteilungen sprechen von vier Pforten und einer Schatzkammer oder von fünf Schatzkammern.

Die neun Wege betreffen unterschiedliche Priestergruppen, die unterschiedliche Aufgaben wahrnahmen. Das Schrifttum des Bön reicht weit zurück und die Einteilungen in Kategorien von Zauber sind eine buddhisierte Form des Schrifttums. In älteren Schriften wird manchmal von anderen Kategorien gesprochen, wie z. B. Himmelsbön oder Begräbnisbön, so dass unterschiedliche Priestergruppen wohl schon unterschiedliche Aufgaben im ursprünglichen Bön wahrgenommen hatten.

Meditation und Dzogchen

Meditationssysteme sind im neuen Bön in drei Formen unterteilt:

Das wichtigste der Meditationssysteme stellt das Zhang Zhung Snyan grud dar, das auf einen Meister aus Zhang Zhung bis ins 8. Jahrhundert zurückgehen soll.

A khrid soll auf einen Eremiten des frühen 11. Jahrhunderts zurückgehen. Diese Meditation ist in Perioden aufgeteilt, die ein bis zwei Wochen dauern. Anfänglich gab es 80 Perioden, später nur noch 15.

Anfang des 11. Jahrhunderts fand man Texte, die Dzogchen beschrieben und von der 'höchsten Vollendung' handelten. Diese Texte ähneln denen der Nyingma.

Praktiken

Phurba

Tibetischer Maskentänzer

Schamanen und Priester, die meist außerhalb der Klöster leben, besänftigen Geister durch Opfergaben, treiben Dämonen aus oder opfern symbolisch Teigfiguren, Zeremonialkuchen, Mehl und Butter. Die Bönpa glauben an Magische Praktiken und Shenrab Miwo selbst habe diese weitergegeben. Dazu gibt es Mysterienspiele mit Maskentänzen, Gesänge und Opfergaben. Die Tänze werden sTag dmar 'Cham, 'der Tanz des roten Tigerdämons', genannt und handeln oft von den alten Berggottheiten Tibets. Die Cham-Tänze wurden vom Buddhismus übernommen.

Ebenfalls vom Buddhismus übernommen wurde der Phurba-Kult. Phurbus, bzw. Phurbas sind magische Dolche zur Dämonenbannung, für den Wetterzauber wie Hagelabwehr oder zur Reinigung. Der Meister Shenrab Miwo wurde stets mit einem großen Phurbu in der Hand abgebildet. Der Phurbu-Zauberer war auch gefürchtet wegen schwarzer Magie. Der Fluch der wandernden Dolche z. B. sollte dazu dienen, ein Opfer über größere Entfernungen zu vernichten. Dazu wird der Phurbu in den Händen gerollt, mit magischen Formeln besprochen und mithilfe des Dolch-Gottes Phurpa geschleudert, um das Opfer telekinetsch zu treffen.

Zor-Rituale benutzen magische Waffen, die Zor, um schlechte Einflüsse abzuwehren. Zor sind zumeist aus Teig gemachte kleine Pyramiden, die mit magischen Kräften ausgestattet werden. Schleudert man einen Zor, so setzt er magische Kräfte frei, die den Feind oder das Unheil zerstören sollen.

Fadenkreuze, Mdos, werden als Geisterfallen hergestellt. Sie bestehen aus Fäden, die geometrische Figuren an gekreuzten Holzstäben bilden. Das Herstellen von Fadenkreuzen erfordert ein komplexes Ritual, in dessen Verlauf Gottheiten eingeladen werden, das Fadenkreuz zu beziehen. Fadenkreuze sind häufig über Haustüren angebracht, um das Haus und seine Bewohner zu schützen. Nach einer bestimmten Zeit wird das Fadenkreuz zumeist mit den darin gefangenen Dämonen verbrannt.

Amulette und Talismane werden auch als Schmuck getragen, oft aus Koralle und Türkis oder in silbernen Behältnissen. Diese Glücksbringer, oft auch mehrere, werden in jedem Alter und allen sozialen Schichten getragen,.

Schadenzauber soll von schwarzen Bönpa oder Nagspa (Zauberern) gegen Bezahlung ausgeübt werden, beispielsweise wird das Horn eines Wildyaks rituell mit einer Zeichnung des Opfers und mannigfaltigen unreinen Substanzen gefüllt, mit schwarzem Faden verschlossen und im Fundament der Behausung des Opfers verborgen.

Mythologie

Die vielfältigen Mythen der Bön behandeln Kosmogonie, Theogonie und Genealogie in verschiedenen Komplexitätsstufen. Viele Erzählungen oder Traktate beschreiben detailliert Zauber und Gerätschaften und beziehen sich häufig auf verschiedene Formen von Exorzismus und Magie.

Wiederkehrende Motive sind die Unterscheidung zwischen dem Wohltuenden und dem Schädlichen, die Paarbildung von Gottheiten oder mythischen Wesen und die Einteilung in gute, böse und ambivalente Gottheiten. Auch heilige Orte wie Grotten und Berge sind ein wiederkehrendes Motiv, letztere entsprechen der Seele des Landes oder Schutzgöttern.

Der wichtigste Berg der Bön ist der Kailash (auch Ti Se), Seele des Landes, Sitz der Himmelsgötter, Mittelpunkt der Welt und wird als riesiger Chörten aus Kristall oder als Palast bzw. als Sitz eines Palastes bestimmter Götter gedacht mit vier Toren, die von Wächtern der Himmelsrichtungen bewacht werden.

Tagzig Olmo Lungring wird als reines Land gedacht, jenseits der unreinen Existenz indem alle Erleuchtete wiedergeboren werden. Es ist unzerstörbar und von ewigem Frieden und Freude erfüllt. Der Yungdrung-Bön hat hier seinen Ursprung und auch Buddha Shenrab Miwo wurde hier geboren.

Dhyangro

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Ein nepalesischer Schamane (Jhankri) schlägt eine dhyangro.

Dhyangro (Nepali ढ्याङ्ग्रो, dhyāngro) ist eine zweifellige Stieltrommel mit einem langen Handgriff, die von Schamanen der tibetischen Kulturregion im Himalaya für Rituale geschlagen wird. Die bei verschiedenen Ethnien im Osten Nepals verbreitete dhyangro wird wegen ihrer Verwendung für therapeutische Zwecke (Geistheilungen) und bei Wahrsagungen zu den Schamanentrommeln gezählt. Bei den üblicherweise nachts stattfindenden Sitzungen schlagen die Schamanen (Jhankri) die Trommel, sprechen Mantras und versetzen sich in einen Zustand der Besessenheit von bestimmten Geistern, um eine Diagnose zu stellen und um ihre Patienten mit Hilfe eines Besens (chamer) von den als Krankheitsverursacher erkannten Geistern zu befreien.

Inhaltsverzeichnis

1 Herkunft und Verbreitung

2 Bauform

3 Verwendung und Bedeutung

3.1 Jhankri

3.2 Puimbo

3.3 Phombo

4 Literatur

5 Weblinks

6 Einzelnachweise

Herkunft und Verbreitung

In der nepalesischen Musikkultur überlagern sich Elemente einer einheimischen Tradition mit Einflüssen der indischen Musik aus dem Süden und der tibetischen Musik im Hochland nördlich des Himalayahauptkamms. Entsprechend kommen religiöse und mythologische Vorstellungen aus dem Animismus, dem Hinduismus und dem tibetischen Buddhismus zusammen. Im Buddhismus, der ab dem 7./8. Jahrhundert in der Gebirgsregion Fuß fasste, haben sich magische Vorstellungen der alten Volksreligion Bön erhalten. Nach der Legende praktizierten berühmte buddhistische Autoritäten Wunderheilungen, Geisteraustreibungen und den magischen Flug.[1] Zahlreiche Ethnien, in Kasten segmentierte Gesellschaften und durch schlechte Verkehrsverbindungen isolierte Regionen haben zur Bewahrung regionaler eigenständiger Kulturtraditionen beigetragen.[2]

Bei den meisten nepalesischen Trommeltypen ist ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste oder Ethnie strikt festgelegt, nur wenige Trommeln, darunter die zweifellige Fasstrommel madal (bedeutet auf Nepali auch allgemein „Trommel“) sind keiner Gruppe zugeordnet. Weit verbreitet sind mehr oder weniger stark bauchige Fasstrommeln (dholak, dhimay, pashchima, dha) und meist rituell verwendete Sanduhrtrommeln wie die hudka (vgl. hurka) in Westnepal und die kleinere sanduhrförmige Klappertrommel damaru, die von der indischen in die tibetische Kultmusik gelangte. Kesseltrommeln wie damaha, tamar und die paarig gespielte nagara sind demgegenüber eher selten, ebenso selten sind Rahmentrommeln. Zu letzteren gehört eine jhyali genannte Rahmentrommel mit Schellen, die bei den Jyapu, einer Kaste der Newar vorkommt. Eine weitere Rahmentrommel mit Schellen nennen die Tamang und die Bothia damphu (damfu).[3]

Die damphu ist eine einfellige, meist hölzerne Rahmentrommel, die mit der linken Hand am Rand gehalten und mit der rechten Hand geschlagen wird. Sie wird solistisch gespielt und dient zur Gesangs- und Tanzbegleitung.[4] Die Membran mit einem Durchmesser von etwa 30 Zentimetern wird mit langen Holzstiften am Rahmen verspannt. Auch wenn die damphu mit der tibetischen Kultur verbunden ist, könnte sie nach ihrer Bauart mit Rahmentrommeln des islamischen Raums (daff) in Beziehung stehen.[5]

Unterseite der Schamanentrommel ring der Chepang

In der Himalayaregion gehören die für Heilungen und in Kulten verwendeten Zeremonialtrommeln zwei unterschiedlichen Typen an. Hauptsächlich in der westnepalesischen Region Dhaulagiri (Bergregionen von Dhaulagiri und Annapurna) sind kreisrunde einfellige Rahmentrommeln verbreitet, die an der Unterseite zwei diagonale Holzstreben besitzen, welche als Handgriff dienen. Sie entsprechen nordasiatischen Typen. In diesem beschränkten Verbreitungsgebiet heißen die Rahmentrommeln nah bei den Gurung, rnga bei den Thakali, re bei den Kham Magar und ring bei den Chepang. Die genannten Volksgruppen sprechen tibetobirmanische Sprachen. Manche Rahmentrommeln sind mit Ketten und Schellen behängt, die umlaufend am Rand an Ringen befestigt sind. Die Membran der ring ist am Rahmen aufgeklebt. Die Bhujel nennen ihre mit Ziegenhaut bespannte Rahmentrommel dhyangro, obwohl sie dem einfelligen Typ entspricht.[6]

In einem wesentlich größeren Gebiet Nepals östlich des Dhaulagiri ist der tibetische Schamanentrommeltyp mit externem Handgriff verbreitet, der hier dhyangro genannt wird. Die „Ostnepalesische Schamanentrommel“[7] dhyangro kommt vom Tal des Kali Gandaki im Westen bis nach Kalimpong im indischen Distrikt Darjeeling und in Sikkim[8] jenseits der Ostgrenze Nepals vor.

In Ladakh und angrenzenden Regionen heißt die entsprechende zweifellige Stieltrommel gna. Ihr Rahmen ist aufwendig mit bedeutungsvollen Motiven in bunten Lackfarben bemalt. Die kleine Version der gna wird am Stiel gehalten und mit einem dünnen gebogenen Stock geschlagen. Sie wird zur Begleitung von Tänzen (besonders dem Tanz gna cham), für Wahrsagungen und Geistheilungen eingesetzt. Daneben existiert die größere gna chen (gna chung), die in einem Holzgestell aufgehängt ist und bei tantrisch-buddhistischen Ritualen gebraucht wird.[9]

Bereits im Rigveda, einer im 2. Jahrtausend v. Chr. entstandenen Hymnensammlung, sind die Namen altindischer Trommeln erwähnt. Neben zweifelligen Trommeln findet sich der Name dundubhi für eine Kesseltrommel (als dhamsa erhalten) und in der Wortzusammensetzung bhumidundhubi für die „Erdtrommel“ (Sanskrit bhumi, „Erde“). Diese einfachste Form einer Ritualtrommel war eine bei Opferstätten ausgehobene Grube mit einem darüber gespannten Stierfell, das mit einem Stock geschlagen wurde. Kesselförmige Trommeln, die auch in nachchristlichen Quellen dundubhi genannt werden, sind auf Reliefs in Gandhara aus dem 1./2. Jahrhundert n. Chr. bekannt.[10] In der graeco-buddhistischen Kunst Gandharas sticht die Abbildung einer kleinen Stieltrommel auf einem Relief hervor, welche den Schlangenkönig Aravala zeigt, der von zwei Tänzerinnen und vier Musikerinnen umgeben ist. Die mit der tibetischen Kultur verbundene Abbildung der Stieltrommel schlagenden Musikerin in Gandhara zeigt das hohe Alter dieses Instrumententyps. Die Gandhara-Stieltrommel ist etwa halb so groß, aber in der Form ähnlich wie eine heutige dhyangro.[11] Der Ursprung der tibetischen Stieltrommeln ist in Indien zu suchen.[12]

Bauform

Wandernder Bettelmönch in Lhasa mit der ähnlichen tibetischen Doppelfelltrommel rnga

Der kreisrunde hölzerne Rahmen der dhyangro ist etwa 20 Zentimeter hoch und besitzt einen Durchmesser von 30 bis 50 Zentimetern. Beide Seiten sind mit Ziegenhäuten bespannt und an Holzringen fixiert, die X-förmig mit Hautstreifen gegeneinander verschnürt werden. Im Innern befinden sich rudraksha (Sanskrit, „Rudras Augen“) genannte Samen des Baums Elaeocarpus ganitrus, die beim Schlagen der Trommel ein prasselndes Geräusch produzieren und ansonsten zur Herstellung von Gebetsketten (Mala) verwendet werden. Der hölzerne Handgriff (Nepali murra tibetisch rnga-yu) ist in der Form eines Dolches (phurba) geschnitzt und aufwendig mit symbolischen Motiven verziert.

Nach einer ethnologischen Forschung Ende der 1950er Jahre bestanden die Membrane aus Reh- oder Affenhaut. Alain Fournier beobachtete 1969–70 den Schamanenkult bei den Sunwar. Nach seiner Beschreibung besteht eine dhyangro aus einem 10 Zentimeter hohen Rahmen, dessen Durchmesser 42 Zentimeter beträgt und der mit der Haut eines dreijährigen Rehwilds oder einer zweijährigen Ziege bezogen ist. Die Membrane sind nach Fournier bei den Sunwar mit Lederriemen oder Rattan gegeneinander verspannt. Der Rahmen wird aus Haselnussholz (Sunwar tsegi) oder aus Rhododendron arboreum (Sunwar thingre) hergestellt. Der etwa 30 Zentimeter lange Handgriff (goedaki) besteht aus demselben Holz. Die dhyangro wird nach den Anweisungen eines Heilers oder Schamanen hergestellt. Die Rasselkörper im Innern setzen sich bei den Limbu, wie Philippe Sagant 1976 beschrieb, aus sieben Reiskörnern, sieben Steinchen, drei Stückchen Weihrauch und einer Kupfermünze zusammen.

Ein vor 1979 vermutlich von den Tamang hergestelltes Exemplar misst 38 Zentimeter im Durchmesser und hat einen 12 Zentimeter hohen Rand. Die beiden Membranen sind an Ringen festgenäht und diese sind mit einem dünnen Bambusstreifen V-förmig gegeneinander verspannt. Durch eine in den Rahmen eingeschnittene Öffnung lassen sich diverse Rasselkörper aus Steinchen oder Körnern einfüllen. Die Einfüllöffnung wird durch den darüber festgebundenen, hölzernen Handgriff verschlossen. Der Handgriff dieser Trommel ist 35 Zentimeter lang und besteht am Übergang zum Rahmen aus einem Abschnitt mit drei vollplastisch geschnitzten Köpfen, die von einem Perlenbandmuster begrenzt werden. Das Mittelteil erinnert entweder an einen buddhistischen Donnerkeil (Sanskrit vajra, tibetisch rdo rje) oder an eine Doppelreihe Lotosblätter, die über ein spulenförmiges Zwischenstück – als Lotosblüte (padma) interpretiert – verbunden sind. Auf beiden Seiten wird dieses Teil durch einen glückverheißenden „endlosen Knoten“ (tibetisch dpal be’u) eingerahmt. Das Ende bildet eine dreikantige Form, die wie eine Dolchschneide spitz zuläuft und auf jeder Seite mit einem Vogelkopf verziert ist. Aus dem Schnabel und aus dem Kopf jedes Vogels kommt ein Naga (Schlange) hervor. Die Leiber der beiden zu einem Vogelkopf gehörenden Schlangen umwickeln sich und bilden so einen Hermesstab, der den Zwischenraum zwischen den Schneidkanten des Dolches ausfüllt. Das Motiv wird als die mythische Auseinandersetzung zwischen der Schlange und dem Göttervogel Garuda oder als der schlangenförmige Drache Makara (tibetisch chu srin) der indischen Mythologie verstanden.

Tibetischer Ritualdolch phurba

Auch wenn die aus der buddhistischen und hinduistischen Tradition stammende Symbolik der einzelnen Ornamente und gegenständlichen Formen unterschiedlich interpretiert werden kann, so stellt der Handgriff insgesamt nach allgemeiner Auffassung einen Dolch (Nepali kila, tibetisch phurba) dar. Wen die drei Köpfe vergegenständlichen sollen, darüber gehen die Ansichten auseinander: die Göttertrinität Brahma, Vishnu und Maheswar (Shiva) oder drei namentlich genannte tibetische Lamas oder Vajrapani, Hayagriva und der zornige buddhistische Gott Amritakundali oder es handelt sich um die drei Gesichter des vergöttlichten Phurba (Vajrakila).

Von den beiden Membranen gilt eines als männlich und das andere als weiblich. Dies drückt sich in unterschiedlichen, aber miteinander in Beziehung stehenden Zeichnungen aus. Nach Alain Fournier (1974) ist auf der „weiblichen“ (auch „friedfertigen“) Seite der Sunwar-Trommel in der Mitte ein Stern über den Berggipfeln dargestellt und auf der „männlichen“ (auch „gewaltsamen“) Seite ein Trishula (Dreizack), flankiert von Sonne links und Mond rechts.[13]

Der Rand der weiblichen Sunwar-Trommel wird von einer umlaufenden Kette von Rauten gebildet, die durch eine Kreislinie in der Mitte geteilt werden und so Dreieckspaare ergeben. Für die Sunwar stellen die mit der Spitze zur Mitte zeigenden Dreiecke Berge und die zum Rand zeigenden Dreiecke Täler dar. Die sie trennende Linie entspricht den Flüssen. Zusammen ergibt sich am Rand ein Abbild des Himalaya. Von einer gepunkteten Linie im Kreis über den Berggipfeln, welche die Sterne der Milchstraße darstellen soll, führen im Achsenkreuz vier aus jeweils vier Punkten gebildete Linien ins Zentrum. Dort befindet sich ein achteckiger Stern, von dem vier Rauten mit roter und die vier Rauten dazwischen mit weißer Farbe ausgemalt sind. Der zentrale Stern repräsentiert den Planeten Venus in dessen Zuschreibung als Morgenstern (weiß) und Abendstern (rot); die Punkte des Achsenkreuzes entsprechen den übrigen Sternen. Eine solche mythische Weltkarte mit Sonne, Mond, Sternen, menschlichen Figuren und Tieren dient auf vielen nordasiatischen Schamanentrommeln dem Schamanen als Orientierung bei seiner Jenseitsreise. Die ansonsten selten auf einer Trommel als Morgen- und Abendstern zugleich abgebildete Venus ist auch von den Teleuten bekannt.

Auf der männlichen Seite ist am Rand eine einfache Zickzacklinie zu sehen, bei der jede zweite, nach innen zeigende Spitze durch eine leicht einwärts gebogene Linie im Kreis verbunden ist. Mit der Zickzacklinie werden die Berge am Rand der Welt (entsprechend dem mythischen Ringgebirge, Qaf) dargestellt, die gebogene Linie steht für den Regenbogen. Eine gepunktete Kreislinie verweist wiederum auf die Milchstraße. Der auf einem quadratischen Podest (Altar) stehende Dreizack in der Mitte ist eines der Attribute Shivas, der in Ostnepal als Schutzgott der Schamanen gilt. Die Sonne links des Dreizacks ist als Kreis mit Strahlen erkennbar, rechts wird der Mond als abnehmende Mondsichel gezeigt. Die weißen Linien zeichnet der Schamane mit einem Finger und Kalkbrei.[14]

Geschlagen wird die mit der linken Hand am Stiel gehaltene Trommel mit einem S-förmig gebogenen Rohr (nagading) in der rechten Hand auf beide Seiten. Die männliche Seite wird beim Spielen nach außen gehalten. Ihrer rituellen Bedeutung entsprechend kann die Trommel mit bunten Schnüren, Stoffstreifen, Pfauenfedern, Stachelschweinborsten und Blättern von magischen Pflanzen behängt sein.

Verwendung und Bedeutung

Jhankri

Das Nepali-Wort für Schamane ist Jhankri (oder Jhakri). Der Jhankri fühlt sich mit Geistern der jenseitigen Welt in Verbindung stehend, von denen er durch Trance und in einem Besessenheitsritual Botschaften empfängt. Eine Gelegenheit, Ahnengeistern, Schlangengeistern (Nagas) und anderen Geistern (Bhutas) Ehre zu erweisen, bietet das jährliche Fest für die Clan-Gottheit, wofür am Dorfrand ein heiliger Bereich abgegrenzt und darin eine Hütte als Aufenthaltsort errichtet wird. Die Angehörigen des Clans bringen den Geistern Opfergaben in Form von Nahrungsmitteln und Blumen dar. Verehrt werden dort ebenfalls der Hochgott Mahadeo (Shiva), der im Wald hausende Schamanengeist Banjhankri („Wildnis-Schamane“) und diverse Waldgeister. Banjhankri wird als halbmenschliches und halbtierisches Wesen vorgestellt, einen Meter groß, dicht behaart und die Füße nach hinten gekehrt. In seiner linken Hand trägt er ein mit Milch gefülltes Gefäß und eine Trommel und in seiner rechten Hand einen gekrümmten Trommelschlägel. In dieser Gestalt, die er nur gelegentlich annimmt, verschleppt er Jungen und Mädchen aus den Dörfern und bringt sie in eine hinter einem Wasserfall verborgene Höhle. In einer Art mythischer Initiation lehrt er sie ein schamanisches Wissen – heilige Mantras und die Herstellung der dhyangro – und bringt seine Schüler, wenn er meint, dass sie genug gelernt haben, zurück in ihre Dörfer. Diese Verschleppung gilt als die eine mögliche Erklärung, weshalb eine Person zu einem Schamanen geworden ist. Im anderen Fall stellt sich heraus, dass eine Mensch von einem Geist besessen ist, etwa wenn er am ganzen Körper zittert oder andere ungewöhnliche Symptome zeigt. Ein solches Verhalten kann durch die Seele eines verstorbenen Jhankri verursacht sein, die nach dem Tod nicht einfach im Jenseits verschwindet, sondern sich in einem anderen Menschen niederlässt. Wenn die Seele nach 100 Jahren durch viele Jhankris durchgegangen ist, erreicht sie einen göttlichen Status.[15]

Als Nachbereitung für die als Berufungserlebnis verstandene psychische Geistererfahrung im Wald bedarf es eines erfahrenen Schamanen, um dem Schüler den Weg zu weisen und ihm die Fähigkeit zu geben, künftig Jenseitsreisen zu machen und unbeschadet von einem Geist besessen zu werden. Vom Schamanenlehrer erhält der angehende Schamane auch seine Trommel, die ihm üblicherweise in einem Ritual übergeben wird.[16] Jenseitsreisen werden entlang des zentralen Weltenbaums in die obere oder untere der drei Welten der schamanischen Kosmogonie im Nepal durchgeführt. Hierbei agieren die Schamanen als Vermittler für eine einzelne Person oder für die Gemeinschaft. Das Aufgabengebiet der in der traditionellen Gesellschaft hoch angesehenen Schamanen umfasst unter anderem Heilungen mit Pflanzenmedizin, die Abwendung von Gefahren und Heiratsvermittlung.

Der Schamane hält die dhyangro quer vor sich in Höhe des Kopfes und beginnt mit gleichmäßigen Schlägen zu trommeln. Dies bedeutet für ihn, dass sich sein Körper darauf vorbereitet, die aus allen Himmelsrichtungen angerufenen Geister in sich aufzunehmen. Spürt er Hitze- und Kältewallungen – als Zeichen, dass die Geister näherkommen – wechselt er unverzüglich in einen 4/4tel Takt. Ist dies geschehen, besingt er die anwesenden hilfreichen Geister und durchlebt erneut den Augenblick, als er bei seiner Initiation erstmals mit den Geistern in Berührung kam. Wenn der Schamane sich wild bewegt oder im Kreis tanzt, werden die Trommelschläge weniger. Je nach Zweck des Rituals begibt er sich auf die entsprechende Jenseitsreise. Die Trommel ist hierbei ein unverzichtbares Hilfsmittel. Die im Innern befindliche Kupfermünze oder ein rudraksha-Samen verkörpern den obersten der herbeigerufenen Geister. Nach der Vorstellung der Beteiligten enthält die Trommel die Seele des Schamanen und gelegentlich auch diejenige der durch das Ritual zu behandelnden Person. Zumeist schlägt der Schamane die männliche, nach außen gerichtete Seite. Wenn er beide Seiten verwendet, so ruft er am Anfang eines Rituals mit der „männlichen“ Seite die Geister herbei und vertreibt sie gegen Ende, indem er die „weibliche“ Seite in einem 3/4tel Takt schlägt. Die Sitzung geht danach in einen 2/4tel Takt über und endet mit einem gleichförmigen monotonen Trommelschlag. Für die Geister soll es egal sein, ob sie von einem männlichen oder weiblichen Schamanen herbeigerufen werden. Beide Geschlechter verwenden die Trommel zu denselben Zwecken. Außer mit der Trommel produziert der Schamane Geräusche mit Glöckchenketten und ist mit weiteren Ritualgegenständen behängt.[17] Um den Körper des Patienten von den Geistern zu reinigen, verwendet er einen Besen (chamer). Zur Versöhnung der Geister können Hühner, Gänse oder Ziegen geopfert werden[18].

Grundlegend für die Tätigkeit des Schamanen ist die Vorstellung, dass für die Ursache einer Krankheit ein böswilliger Geist, ein Ahnengeist, eine persönliche Störung oder eine Art emotionales Ungleichgewicht in der Dorfgemeinschaft verantwortlich ist. Sich zur Krankenheilung in einen Zustand der Besessenheit zu versetzen, ist außer im Nepal auch in Tibet und Indien eine gängige traditionelle Behandlungsmethode. Der tibetische Schamane bringt sich durch den Rhythmus der Sanduhrtrommel damaru (tibetisch gcod-dar) in ein Stadium der Trance. Ein nordindischer Heiler (ojha, den Brahmanen zugehörig) ruft die Krankheitsgöttin Shitala an, wodurch er direkt mit den krankmachenden Geistern Kontakt aufnehmen und diese zur Patientenheilung lenken kann. Hierfür werden Trommelschläge und Gesang eingesetzt.[19] In diesen Umkreis gehören in Indien auch mit Besessenheit verbundene Heilungsrituale im Tempel, etwa beim Jahresfest Siri jatre.

Schamanen gelten im Nepal als traditionelle Heiler, deren Anteil an der Behandlung von Krankheiten in den Dörfern trotz der sich seit den 1990er Jahren ausbreitenden medizinischen Grundversorgung nach westlichem Modell nach wie vor hoch ist. Neben dem Trommel schlagenden Schamanen werden zur Krankenbehandlung weitere Methoden angewendet: Trancezustand durch Murmeln von Mantras (Tantramantra), Ausblasen des böswilligen Geistes (phuknu) und Pflanzenmedizin (jadibuti), fallweise begleitet von Tieropfern. Für 1980 wurden die traditionellen Heiler im gesamten Nepal auf 400.000 bis 800.000 geschätzt, also weit über die hundertfache Zahl der vorhandenen modernen Ärzte, von denen jedoch die meisten in den wenigen Städten praktizieren. Wissenschaftliche Studien haben eine gewisse Wirksamkeit solcher traditioneller Methoden bestätigt.[20]

Puimbo

Sunwar feiern das Jahresfest Udhauli vor Beginn des Winters. Die Zeichnung auf der Zylindertrommel zeigt am Rand eine einwärts gebogene Linie und in der Mitte vier Trishuli (Dreizack): abgewandelte Motivdetails, die auf ihrer Schamanentrommel vorkommen.

Bei den Sunwar heißt der männliche Schamane Puimbo und seine weibliche Entsprechung Ngiami. Von besonderer Bedeutung ist der Priester, Naso, dessen Beruf im Unterschied zum Schamanen vererbbar ist. Der Naso ist mit der Anrufung der Gottheiten (Devatas) betraut, fällt selbst jedoch nicht in Trance und kann die Gottheiten nicht ohne Hilfe eines Schamanen beschwören. Bei öffentlichen Zeremonien, die üblicherweise tagsüber stattfinden, praktiziert der Naso Tieropfer. Die Schamanen führen dagegen ihre Rituale meist bei Nacht durch.[21]

Phombo

Die Jirel sind eine mit den Sunwar ethnisch verwandte Gruppe im Distrikt Dolakha. Sie nennen ihre traditionellen Heiler und Schamanen Phombo, was mit „Priester“ oder „Geistheiler“ übersetzt wird. Das Wort phombo erinnert an die Bezeichnung für den tibetischen Wahrsager, Heiler und Priester bon po (der Bon-/Bön-Tradition), der ebenfalls für seine Tätigkeiten eine Trommel (bon po’i rnga, „Trommel des bon po“) verwendet.[22] Vom Phombo unterscheiden die Jirel den Lama, den tibetisch-buddhistischen Priester. Auch wenn einige Lamas mit Mantra-Sprüchen und mit Pflanzenmedizin als Heiler praktizieren, werden sie nicht wie Phombos von Geistern besessen. Lamas sind in die Hierarchie ihrer Religionsgemeinschaft eingebunden, während Phombos nur mit ihrem spirituellen Meister, von dem sie ihre Einführung bekommen haben, in Verbindung stehen und ansonsten ohne übergeordnete Autorität unabhängig handeln.[23]

Zu den Gerätschaften des Phombo gehören neben der Trommel Zimbeln (jhaurta), mit denen die Geister auf die Anwesenheit des Phombo aufmerksam gemacht werden sollen, ein magischer Speer (barsa) und eine Sichel (hashiya). Speer und Sichel stellen magische Waffen gegen böswillige Geister dar. Die mehrere Stunden oder die ganze Nacht dauernde Heilungszeremonie findet im Haus des Phombo statt. Zum Zeichen der Anteilnahme haben sich Familienangehörige und Nachbarn im Behandlungsraum um den Patienten versammelt. Während der Phombo mit den Vorbereitungen beginnt, erwärmt ein Assistent die Membranen der Trommel über einem Feuer, um die richtige Tonhöhe einzustellen. Der Phombo ist mit einem knöchellangen weißen Gewand bekleidet und mit Halskette und Glöckchen behängt. Er trägt einen Kopfputz mit fünf Abbildungen buddhistischer Gottheiten, wobei die bei einem Jhankri üblichen Stachelschweinborsten und Pfauenfedern auf dem Kopf fehlen. Zur vorbereitenden Ausstattung gehören brennende Räucherstäbchen, die am Boden ausgebreiteten Waffen und ein Altar, der Menschenknochen, Mineralien, Götterstandbilder, etwas ungekochten Reis, chang (nepalesisches Hirsebier) und ein Gefäß (bumbo) mit heiligem Wasser und Blüten enthält. Nachdem der Phombo den Göttern chang offeriert hat, beginnt er die Trommel zu schlagen und mit hoher Stimme zu singen, begleitet von seinem Zimbel spielenden Assistenten. Die schneller werdenden Trommelschläge und zitternde Bewegungen sind ein Zeichen für die einsetzende Besessenheit des Phombo. Er spricht nun mit den herbeigerufenen Geistern, fragt, weshalb sie den Patienten befallen haben und gibt ihre Mitteilungen mit seiner eigenen Stimme weiter. Tanz, Trommelschlagen und die Übermittlung der Geisteraussagen dauert mit kleinen Unterbrechungen etwa eine Stunde. Danach wendet er sich direkt dem Patienten zu, um ihm die Ursache seiner Krankheit mitzuteilen. Der Patient muss etwas heiliges Wasser aus dem bumbo trinken, den der Phombo nun auf seinem Kopf platziert und damit eine weitere Stunde im Raum tanzt und Mantras spricht. Die Mantras sollen bewirken, dass der bumbo nicht beim Tanzen von seinem Kopf herabfällt. Die übernatürlichen Kräfte gehen in das Gefäß ein und machen den Inhalt somit wirkmächtig.[24]

Im Westen Nepals gibt es einen Dhami[25] genannten Schamanen, der keine Trommeln verwendet, wenn er seine von Geistern besessenen Patienten zu heilen versucht, indem er diese Geister in seinen eigenen Körper eindringen lässt. Er bedient sich der Hilfe eines Trommel spielenden Damai (Mitglied einer musizierenden Kaste von Schneidern auf der untersten Sozialstufe[26]).[21]

Literatur

Mireille Helffer, Gert-Matthias Wegner, Simonne Bailey: Dhyāngro. In: Laurence Libin (Hrsg.): The Grove Dictionary of Musical Instruments. Bd. 2, Oxford University Press, Oxford/New York 2014, S. 42

Mireille Helffer: The Drums of Nepalese Mediums. In: European Bulletin of Himalayan Research, 1997, S. 176–195

Michael Oppitz: Drawings on Shamanic Drums. In: RES: Anthropology and Aesthetics, No. 22, Herbst 1992, S. 62–81

Weblinks

Frame Drum (Dhyāngro), Nepal, Early 20th Century. National Music Museum, The University of South Dakota

Einzelnachweise

Mircea Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1980, S. 406

Pirkko Moisala: Nepal. In: Alison Arnold (Hrsg.): Garland Encyclopedia of World Music. Volume 5: South Asia: The Indian Subcontinent. Routledge, London 1999, S. 696

Felix Hoerburger: Studien zur Musik in Nepal. (Regensburger Beiträge zur musikalischen Volks- und Völkerkunde, Band 2) Gustav Bosse, Regensburg 1975, S. 13, 20

Thomas O. Ballinger, Purna Harsha Bajracharya: Nepalese Musical Instruments. In: Southwestern Journal of Anthropology, Vol. 16, No. 4, Winter 1960, S. 398–416, hier S. 413f

Mireille Helffer, 1997, S. 188

Mireille Helffer, 1997, S. 185f

Michael Oppitz: Drawings on Shamanic Drums, 1992, S. 65

Mingma Thundu Sherpa, Abhishek Mathur, Sayak Das: Medicinal Plants and Traditional Medicine System of Sikkim: A Review. In: World Journal of Pharmacy and Pharmaceutical Sciences, Bd. 4, Nr. 2, 2015, S. 161–184, hier S. 166

Bigamudre Chaitanya Deva: Musical Instruments. National Book Trust, Neu-Delhi 1977, S. 33f

Walter Kaufmann: Altindien. Musikgeschichte in Bildern, Bd. 2. Musik des Altertums, Lieferung 8. VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1981, S. 32

Maximilian Hendler: Oboe – Metalltuba – Trommel: Organologisch-onomasiologische Untersuchungen zur Geschichte der Paraphernalieninstrumente. Teil 2: Trommeln. Peter Lang, Frankfurt 2001, S. 172

Ter Ellingson: Indian Influences in Tibetan Music. In: The World of Music, Vol. 24, No. 3 (Sacred Music) 1982, S. 85–93

Mireille Helffer, 1997, S. 177–183

Michael Oppitz: Drawings on Shamanic Drums, 1992, S. 65f

Moham Bikram Gewali: Aspects of Traditional Medicine in Nepal. Institute of National Medicine, University of Toyama, 2008, S. 22

Stacy Leigh Pigg: The Credible and the Credulous: The Question of "Villagers' Beliefs" in Nepal. In: Cultural Anthropology, Vol. 11, No. 2, Mai 1996, S. 160–201, hier S. 166

Bhola nath Banstola: Jhankri. The Shamans of Nepal.

Moham Bikram Gewali: Aspects of Traditional Medicine in Nepal. Institute of National Medicine, University of Toyama, 2008, S. 22

Regina Gelfo: Indigenous Music Healers’ Techniques: Entrainment as Bridge Between Traditional and Contemporary Music Healing. (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Cross-Cultural Music and the Tomatis Method and other Auditory Stimulation Programs. California Institute of Integral Studies, um 2013, S. 6f

Masamine Jimba: First aid kit: a challenging new tool for traditional healers in Nepal. (Working Copy) Takemi Program in International Health, Harvard School of Public Health, 2001–2002, S. 3f

Alain Fournier: The Role of the Priest in Sunuwar Society. In: Kailash, 2/3, 1974, S. 153–166, hier S. 155–157

Vgl. Mircea Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1980, S. 405

H. Sidky, Ronald H. Spielbauer, Janardan Subedi, James Hamill, Robin Singh, J. Blangero, S. Williams Blangero: Phombos: A Look at Traditional Healers Among the Jirels of Eastern Nepal. In: Nepalese Studies (The Jirel Issue). Januar 2000, S. 39–52, hier S. 40–42

H. Sidky, Ronald H. Spielbauer, Janardan Subedi, James Hamill, Robin Singh, J. Blangero, S. Williams Blangero: Phombos, 2000, S. 48f

Dhami bezeichnet in Nepal je nach Region unterschiedliche schamanische Heiler. Vgl. András Höfer, Bishnu P. Shrestha: Ghost Exorcism Among the Brahmans of Central Nepal. In: Central Asiatic Journal, Vol. 17, No. 1, 1973, S. 51–77

Carol Tingey: Digging up Data in a Nepalese Field. In: The Musical Times, Vol. 133, No. 1790, April 1992, S. 170–173

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Kultur (Nepal)SchamanismusSchlagtrommelKultgegenstand

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Später beeinflussten sich der Bön und der Buddhismus gegenseitig (→ Synkretismus), wobei aus dem Bön rituelle und schamanistische Elemente oder Bön-Gottheiten in den Buddhismus gelangten und umgekehrt der Buddhismus den Bön wesentlich beeinflusste.

1977 wurde der Bön von der tibetischen Exilregierung und vom Dalai Lama offiziell als fünfte spirituelle Schule des Tibetischen Buddhismus anerkannt.

2006 wurde das Yundrung-Bön Zentrum Shenten Dargyé Ling in Frankreich als Kloster einer eigenständigen Glaubensgemeinschaft vom Staat anerkannt.

Inhaltsverzeichnis

1 Geschichte

2 Verbreitung

3 Formen

3.1 Alter Bön/Schwarzer Bön

3.2 Ewiger Bön/Yungdrung-Bön

3.3 Neuer Bön

4 Lehren

5 Meditation und Dzogchen

6 Praktiken

7 Mythologie

8 Das Pantheon des Bön

8.1 Der Vogel Khyung

8.2 Sangs po 'bum khri

8.3 Palden Lhamo

8.4 Pehar

8.5 Lha, bTsan, gNyan

9 Literatur

9.1 Kanonkataloge

10 Weblinks

11 Einzelnachweise

Geschichte

Teil eines Bön-Lebensrades

Bön-Kloster Khyungpori Tsedruk in Nord-Tibet (AGT)

Die erneuerte Bön-Religion geht der Legende nach auf den mythischen Tönpa (Meister) und Buddha Shenrab Miwoche aus dem Land Tagzig zurück und soll frühere Tieropfer durch symbolische Opferungen abgelöst haben.[2]

Später breitete sich der erneuerte-Bön aus und war Staatsreligion in Zhang-Zhung das den heiligen Berg Kailash umgab. Der zentraltibetische König Songtsen Gampo eroberte im 7. Jahrhundert (vermutlich 634) das Land und beendete mit der Tötung des Königs Ligmincha (Ligmirya) dessen Dynastie.

Unter König Trisong Detsen (ab 755) wurde der Bön zunehmend vom Buddhismus verdrängt und verfolgt. Unter König Langdarma (Regierungszeit 836–842) besserte sich die Lage der Bönpa (Anhänger des Bön) vorübergehend. Nach seiner Ermordung zerfiel das tibetische Königreich. Durch die weitere Verfolgung wurden die Bönpa in die Randbereiche des tibetischen Kulturraumes abgedrängt wie Amdo im Nordosten sowie Dolpo in Nepal.

Mit dem Beginn der so genannten „neuen Übersetzungstradition“ (Sarma) des Buddhismus im 11. Jahrhundert reorganisierten sich sowohl die buddhistische Nyingma-Tradition als auch der Bön auf der Grundlage wieder aufgefundener Lehrtexte (Terma) aus der Zeit der Verfolgung und Wirren. Es wurde ein systematisches Lehrgebäude geschaffen und es verbreitete sich die Ordination von Mönchen und Nonnen.

1405 wurde das Kloster Menri von Bön-Lama Nyammed Sherab Gyeitshen gegründet. Dieses und das später gegründete Kloster Yungdrung Ling wurden Hauptzentren des Bön.

Nach dem Einmarsch der chinesischen Armee Mitte des 20. Jahrhunderts wurden sowohl der Bön als auch der Buddhismus streng verfolgt, besonders während der chinesischen Kulturrevolution (1966–76). Kein tibetisches Kloster hat die Wirren dieser Zeit unbeschädigt überstanden. Das Bön-Kloster Menri wurde in Dolanji im indischen Exil neu gegründet.

1977 erkannte der Dalai Lama Bön als fünfte spirituelle Schule Tibets an. Dem tibetischen Exilparlament gehören seitdem zwei Vertreter des Bön an, wie für die anderen vier Hauptschulen des tibetischen Buddhismus.

Heute gibt es in Tibet und China über 264 aktive Bön-Tempel beziehungsweise Klöster.

Verbreitung

Abgesehen vom wiederaufgebauten Menri-Kloster in Dolanji im indischen Exil ist der Bön in Tibet und in Nepal noch lebendig. In Ost-Tibet ist Bön weiter verbreitet, vereinzelte Kommunen gibt es auch in West- und Zentraltibet sowie unter Nomaden. Seit den 1980er Jahren wurden in Tibet einige Bön-Klöster wieder aufgebaut und von Mönchen besiedelt, so Yungdrung Ling. Des Weiteren ist die Religion des Primi-Volkes in Yunnan eng mit dem tibetischen Bön verwandt.[3]

Formen

In der Geschichte des Bön treten drei unterscheidbare Formen auf, die noch praktiziert werden. Die älteste ist eine vorbuddhistische animistisch-schamanistische Religion, auch alter Bön oder schwarzer Bön genannt. Die zweite Form ist der Yungdrung-Bön, auch ewiger oder glückverheißender Bön genannt, der auf den Buddha Shenrab Miwoche zurückgehen soll. Der neue Bön beruht auf wiederaufgefundenen Texten (Terma).

Bön-Schrift

Alter Bön/Schwarzer Bön

Die animistischen Ursprünge stammen aus vorbuddhistischer Zeit und enthalten schamanistische Rituale und Glaubensformen, die sich vom neuen Bön stark unterscheiden. Die Gelugpa setzten Bön-Zauberer (Nagspa) ein, um Dämonen abzuwehren, und auch die Praktiken des tibetischen Staatsorakels stammen aus der alten Tradition.

Während spätere Bön-Formen die buddhistischen Vorstellungen von Karma und Reinkarnation übernahmen, waren und sind im alten Bön Begräbnisriten zentral, und es gab komplexe Begleitrituale beim Tod des Königs, eines hochgestellten Adligen oder eines Ministers, um diese auf ein gutes Leben im Jenseits vorzubereiten.

Die Bön-Religion hat ein eigenes Pantheon von Göttern, Geistern, Dämonen und anderen Wesen. Die Ritualthemen sind Zauberei, Tranceerlebnisse, Opfer an die Götter, Wahrsagerei, Reisen in die Unterwelt, Wetterzauber, medialer Kontakt zu Geistern und die Abwehr von Dämonen.

Der originale Bön ähnelt somit anderen animistischen Religionen wie dem japanischen Shintō, dem altaischen Animismus oder dem chinesischen Schamanismus.

Ewiger Bön/Yungdrung-Bön

Bön-Mani-Stein mit dem Mantra Om ma tri mu ye sa le du.

Yungdrung Bön (Swastika-Bön), auch Ewiger Bön genannt, geht auf den mythischen Lehrmeister und Buddha (Tönpa) Shenrab Miwoche zurück. Historische Vertreter der Yungdrung-Bön-Tradition sind die Meister Tapihritsa und Drenpa Namkha.

Die Lehren dieser Schule umfassen mehr als 200 Werke. Darunter finden sich auch Schriften zu Philosophie, Heilkunde, Metaphysik und Kosmologie. Die philosophischen Grundlagen stehen dem Buddhismus nahe, so die Lehren über Karma (das Gesetz von Ursache und Wirkung) und Mitgefühl. Die Gottheiten des Alten Bön wurden als Meditations-Gottheiten (Yidam-Gottheiten) oder als Beschützer der Lehre eingebunden und umgekehrt wurden Gottheiten und Dämonen des Bön von den buddhistischen Nyingmapa übernommen.

Tenzin Namdak, Abt eines Bön-Klosters in Nepal

Die Hauptlehren des Yungdrung-Bön sind die „Neun Wege“, andere Unterteilungen nennen „Vier Pforten und eine Schatzkammer“ oder die „Äußeren, Inneren und Geheimen Unterweisungen“. Letztgenannte sind Sutra, Tantra und Dzogchen, ähnlich derer der Nyingma-Schule. Es gibt Hinweise, dass Dzogchen, die Lehren über die „Große Vollkommenheit“, bereits vor dem Buddhismus in Zhang Zhung existierten. Die Dzogchen-Lehren der Nyingma gehen im Unterschied dazu auf Garab Dorje aus dem Land Oddiyana zurück.

Unter den Lehren finden sich auch die Belehrungen des „Zhang Zhung Nyan Gyud“, die "mündlichen Unterweisungen von Zhang Zhung", die ältesten Überlieferungen eines Dzogchen-Meditationssystems der Bön.

Vertreter des Yungdrung-Bön die im Westen lehren sind der ehrwürdige Yongdzin Tenzin Namdak Rinpoche und sein Schüler Tenzin Wangyal Rinpoche.

Bön-Kloster in Sichuan

Neuer Bön

Der neue Bön, auch reformierter Bön genannt, steht systematisch zwischen Yungdrung-Bön und der buddhistischen Nyingma-Tradition. Er entwickelte sich ab dem 14. Jahrhundert aus einer Synthese von Lehrelementen des Yungdrung-Bön und Elementen der Nyingma, vor allem durch das wechselseitige Auffinden von Termas der Bön- und der Nyingmatradition. Ein Vertreter des neuen Bön war Bönzhig Yungdrung Lingpa, als Nyingma-Tertön auch unter dem Namen Dorje Lingpa (1346–1405) bekannt.

Die Rituale ähneln buddhistischen, wobei die rituelle Umkreisung gegenläufig ist. Die angerufenen Gottheiten, Ikonographien, Mythen und Mantren sind bönspezifisch. Auch unterscheidet sich die Ausbildung eines Bön-Mönches nicht von der buddhistischer Mönche, beispielsweise kann ein Geshe-Grad durch Studium von Logik und Philosophie erworben werden und das Ziel der Praxis, Dzogchen, unterscheidet sich nicht allzu sehr vom buddhistischen Dzogchen, in der Liturgie wird Padmasambhava angerufen und den Altar schmückt häufig auch ein Bild des Dalai Lama.

Lehren

Die Lehren des Bön basieren auf umfangreichen Schriften (Kanjur und Tanjur) die verschieden gegliedert werden. Eine der Gliederungen ist jene in die "Neun Wege" des Bön, welche in groben Zügen den neun Fahrzeugen der Nyingma-Tradition entsprechen. Die Grundsätze der Lehre sind dieselben wie im auf Buddha Shakyamuni zurückgehenden Buddhismus, der nach Bön-Auffassung in einem früheren Leben Schüler von Tönpa Shenrab Miwo war. Trotz dieser Nähe zum Buddhismus hat der Bön jedoch auch noch eigene Lehren, Rituale, Mythen und Götter, so dass er als eigenständige Religion gilt.

Die neun Wege des Bön sind folgend eingeteilt:

Weg des Priesters der Voraussage: Wahrsagekunst, Astrologie, Ritualistik und Medizin.

Weg des Priesters des Visuellen: Methoden zur Befriedung der Götter und Dämonen des Diesseits.

Weg des Priesters der Illusion: Methoden zur Beherrschung von Feinden.

Weg des Priesters der Existenz: Methoden zur Erlösung und Fragen über den Zeitraum zwischen Tod und Wiedergeburt.

Weg der tugendhaften Anhänger: Gläubige, die tugendhaft handeln, nach Vervollkommnung streben und Stupas bauen und verehren.

Weg der Asketen: Asketische Disziplinen, teilweise buddhistisch, teilweise unbuddhistisch.

Weg des reinen Schalls: Praxis des höheren Tantras, Theorien über Verwandlung durch Mandalas.

Weg des urzeitlichen Priesters: Ausüben der Praxis von Mandalas durch Anfertigung, Meditation und Verwirklichung von überrationalen Zuständen der Vollkommenheit.

Die höchste Vollendung (Dzogchen)

Andere Einteilungen sprechen von vier Pforten und einer Schatzkammer oder von fünf Schatzkammern.

Die neun Wege betreffen unterschiedliche Priestergruppen, die unterschiedliche Aufgaben wahrnahmen. Das Schrifttum des Bön reicht weit zurück und die Einteilungen in Kategorien von Zauber sind eine buddhisierte Form des Schrifttums. In älteren Schriften wird manchmal von anderen Kategorien gesprochen, wie z. B. Himmelsbön oder Begräbnisbön, so dass unterschiedliche Priestergruppen wohl schon unterschiedliche Aufgaben im ursprünglichen Bön wahrgenommen hatten.

Meditation und Dzogchen

Meditationssysteme sind im neuen Bön in drei Formen unterteilt:

Das wichtigste der Meditationssysteme stellt das Zhang Zhung Snyan grud dar, das auf einen Meister aus Zhang Zhung bis ins 8. Jahrhundert zurückgehen soll.

A khrid soll auf einen Eremiten des frühen 11. Jahrhunderts zurückgehen. Diese Meditation ist in Perioden aufgeteilt, die ein bis zwei Wochen dauern. Anfänglich gab es 80 Perioden, später nur noch 15.

Anfang des 11. Jahrhunderts fand man Texte, die Dzogchen beschrieben und von der 'höchsten Vollendung' handelten. Diese Texte ähneln denen der Nyingma.

Praktiken

Phurba

Tibetischer Maskentänzer

Schamanen und Priester, die meist außerhalb der Klöster leben, besänftigen Geister durch Opfergaben, treiben Dämonen aus oder opfern symbolisch Teigfiguren, Zeremonialkuchen, Mehl und Butter. Die Bönpa glauben an Magische Praktiken und Shenrab Miwo selbst habe diese weitergegeben. Dazu gibt es Mysterienspiele mit Maskentänzen, Gesänge und Opfergaben. Die Tänze werden sTag dmar 'Cham, 'der Tanz des roten Tigerdämons', genannt und handeln oft von den alten Berggottheiten Tibets. Die Cham-Tänze wurden vom Buddhismus übernommen.

Ebenfalls vom Buddhismus übernommen wurde der Phurba-Kult. Phurbus, bzw. Phurbas sind magische Dolche zur Dämonenbannung, für den Wetterzauber wie Hagelabwehr oder zur Reinigung. Der Meister Shenrab Miwo wurde stets mit einem großen Phurbu in der Hand abgebildet. Der Phurbu-Zauberer war auch gefürchtet wegen schwarzer Magie. Der Fluch der wandernden Dolche z. B. sollte dazu dienen, ein Opfer über größere Entfernungen zu vernichten. Dazu wird der Phurbu in den Händen gerollt, mit magischen Formeln besprochen und mithilfe des Dolch-Gottes Phurpa geschleudert, um das Opfer telekinetsch zu treffen.

Zor-Rituale benutzen magische Waffen, die Zor, um schlechte Einflüsse abzuwehren. Zor sind zumeist aus Teig gemachte kleine Pyramiden, die mit magischen Kräften ausgestattet werden. Schleudert man einen Zor, so setzt er magische Kräfte frei, die den Feind oder das Unheil zerstören sollen.

Fadenkreuze, Mdos, werden als Geisterfallen hergestellt. Sie bestehen aus Fäden, die geometrische Figuren an gekreuzten Holzstäben bilden. Das Herstellen von Fadenkreuzen erfordert ein komplexes Ritual, in dessen Verlauf Gottheiten eingeladen werden, das Fadenkreuz zu beziehen. Fadenkreuze sind häufig über Haustüren angebracht, um das Haus und seine Bewohner zu schützen. Nach einer bestimmten Zeit wird das Fadenkreuz zumeist mit den darin gefangenen Dämonen verbrannt.

Amulette und Talismane werden auch als Schmuck getragen, oft aus Koralle und Türkis oder in silbernen Behältnissen. Diese Glücksbringer, oft auch mehrere, werden in jedem Alter und allen sozialen Schichten getragen,.

Schadenzauber soll von schwarzen Bönpa oder Nagspa (Zauberern) gegen Bezahlung ausgeübt werden, beispielsweise wird das Horn eines Wildyaks rituell mit einer Zeichnung des Opfers und mannigfaltigen unreinen Substanzen gefüllt, mit schwarzem Faden verschlossen und im Fundament der Behausung des Opfers verborgen.

Mythologie

Die vielfältigen Mythen der Bön behandeln Kosmogonie, Theogonie und Genealogie in verschiedenen Komplexitätsstufen. Viele Erzählungen oder Traktate beschreiben detailliert Zauber und Gerätschaften und beziehen sich häufig auf verschiedene Formen von Exorzismus und Magie.

Wiederkehrende Motive sind die Unterscheidung zwischen dem Wohltuenden und dem Schädlichen, die Paarbildung von Gottheiten oder mythischen Wesen und die Einteilung in gute, böse und ambivalente Gottheiten. Auch heilige Orte wie Grotten und Berge sind ein wiederkehrendes Motiv, letztere entsprechen der Seele des Landes oder Schutzgöttern.

Der wichtigste Berg der Bön ist der Kailash (auch Ti Se), Seele des Landes, Sitz der Himmelsgötter, Mittelpunkt der Welt und wird als riesiger Chörten aus Kristall oder als Palast bzw. als Sitz eines Palastes bestimmter Götter gedacht mit vier Toren, die von Wächtern der Himmelsrichtungen bewacht werden.

Tagzig Olmo Lungring wird als reines Land gedacht, jenseits der unreinen Existenz indem alle Erleuchtete wiedergeboren werden. Es ist unzerstörbar und von ewigem Frieden und Freude erfüllt. Der Yungdrung-Bön hat hier seinen Ursprung und auch Buddha Shenrab Miwo wurde hier geboren.

Dhyangro

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Ein nepalesischer Schamane (Jhankri) schlägt eine dhyangro.

Dhyangro (Nepali ढ्याङ्ग्रो, dhyāngro) ist eine zweifellige Stieltrommel mit einem langen Handgriff, die von Schamanen der tibetischen Kulturregion im Himalaya für Rituale geschlagen wird. Die bei verschiedenen Ethnien im Osten Nepals verbreitete dhyangro wird wegen ihrer Verwendung für therapeutische Zwecke (Geistheilungen) und bei Wahrsagungen zu den Schamanentrommeln gezählt. Bei den üblicherweise nachts stattfindenden Sitzungen schlagen die Schamanen (Jhankri) die Trommel, sprechen Mantras und versetzen sich in einen Zustand der Besessenheit von bestimmten Geistern, um eine Diagnose zu stellen und um ihre Patienten mit Hilfe eines Besens (chamer) von den als Krankheitsverursacher erkannten Geistern zu befreien.

Inhaltsverzeichnis

1 Herkunft und Verbreitung

2 Bauform

3 Verwendung und Bedeutung

3.1 Jhankri

3.2 Puimbo

3.3 Phombo

4 Literatur

5 Weblinks

6 Einzelnachweise

Herkunft und Verbreitung

In der nepalesischen Musikkultur überlagern sich Elemente einer einheimischen Tradition mit Einflüssen der indischen Musik aus dem Süden und der tibetischen Musik im Hochland nördlich des Himalayahauptkamms. Entsprechend kommen religiöse und mythologische Vorstellungen aus dem Animismus, dem Hinduismus und dem tibetischen Buddhismus zusammen. Im Buddhismus, der ab dem 7./8. Jahrhundert in der Gebirgsregion Fuß fasste, haben sich magische Vorstellungen der alten Volksreligion Bön erhalten. Nach der Legende praktizierten berühmte buddhistische Autoritäten Wunderheilungen, Geisteraustreibungen und den magischen Flug.[1] Zahlreiche Ethnien, in Kasten segmentierte Gesellschaften und durch schlechte Verkehrsverbindungen isolierte Regionen haben zur Bewahrung regionaler eigenständiger Kulturtraditionen beigetragen.[2]

Bei den meisten nepalesischen Trommeltypen ist ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste oder Ethnie strikt festgelegt, nur wenige Trommeln, darunter die zweifellige Fasstrommel madal (bedeutet auf Nepali auch allgemein „Trommel“) sind keiner Gruppe zugeordnet. Weit verbreitet sind mehr oder weniger stark bauchige Fasstrommeln (dholak, dhimay, pashchima, dha) und meist rituell verwendete Sanduhrtrommeln wie die hudka (vgl. hurka) in Westnepal und die kleinere sanduhrförmige Klappertrommel damaru, die von der indischen in die tibetische Kultmusik gelangte. Kesseltrommeln wie damaha, tamar und die paarig gespielte nagara sind demgegenüber eher selten, ebenso selten sind Rahmentrommeln. Zu letzteren gehört eine jhyali genannte Rahmentrommel mit Schellen, die bei den Jyapu, einer Kaste der Newar vorkommt. Eine weitere Rahmentrommel mit Schellen nennen die Tamang und die Bothia damphu (damfu).[3]

Die damphu ist eine einfellige, meist hölzerne Rahmentrommel, die mit der linken Hand am Rand gehalten und mit der rechten Hand geschlagen wird. Sie wird solistisch gespielt und dient zur Gesangs- und Tanzbegleitung.[4] Die Membran mit einem Durchmesser von etwa 30 Zentimetern wird mit langen Holzstiften am Rahmen verspannt. Auch wenn die damphu mit der tibetischen Kultur verbunden ist, könnte sie nach ihrer Bauart mit Rahmentrommeln des islamischen Raums (daff) in Beziehung stehen.[5]

Unterseite der Schamanentrommel ring der Chepang

In der Himalayaregion gehören die für Heilungen und in Kulten verwendeten Zeremonialtrommeln zwei unterschiedlichen Typen an. Hauptsächlich in der westnepalesischen Region Dhaulagiri (Bergregionen von Dhaulagiri und Annapurna) sind kreisrunde einfellige Rahmentrommeln verbreitet, die an der Unterseite zwei diagonale Holzstreben besitzen, welche als Handgriff dienen. Sie entsprechen nordasiatischen Typen. In diesem beschränkten Verbreitungsgebiet heißen die Rahmentrommeln nah bei den Gurung, rnga bei den Thakali, re bei den Kham Magar und ring bei den Chepang. Die genannten Volksgruppen sprechen tibetobirmanische Sprachen. Manche Rahmentrommeln sind mit Ketten und Schellen behängt, die umlaufend am Rand an Ringen befestigt sind. Die Membran der ring ist am Rahmen aufgeklebt. Die Bhujel nennen ihre mit Ziegenhaut bespannte Rahmentrommel dhyangro, obwohl sie dem einfelligen Typ entspricht.[6]

In einem wesentlich größeren Gebiet Nepals östlich des Dhaulagiri ist der tibetische Schamanentrommeltyp mit externem Handgriff verbreitet, der hier dhyangro genannt wird. Die „Ostnepalesische Schamanentrommel“[7] dhyangro kommt vom Tal des Kali Gandaki im Westen bis nach Kalimpong im indischen Distrikt Darjeeling und in Sikkim[8] jenseits der Ostgrenze Nepals vor.

In Ladakh und angrenzenden Regionen heißt die entsprechende zweifellige Stieltrommel gna. Ihr Rahmen ist aufwendig mit bedeutungsvollen Motiven in bunten Lackfarben bemalt. Die kleine Version der gna wird am Stiel gehalten und mit einem dünnen gebogenen Stock geschlagen. Sie wird zur Begleitung von Tänzen (besonders dem Tanz gna cham), für Wahrsagungen und Geistheilungen eingesetzt. Daneben existiert die größere gna chen (gna chung), die in einem Holzgestell aufgehängt ist und bei tantrisch-buddhistischen Ritualen gebraucht wird.[9]

Bereits im Rigveda, einer im 2. Jahrtausend v. Chr. entstandenen Hymnensammlung, sind die Namen altindischer Trommeln erwähnt. Neben zweifelligen Trommeln findet sich der Name dundubhi für eine Kesseltrommel (als dhamsa erhalten) und in der Wortzusammensetzung bhumidundhubi für die „Erdtrommel“ (Sanskrit bhumi, „Erde“). Diese einfachste Form einer Ritualtrommel war eine bei Opferstätten ausgehobene Grube mit einem darüber gespannten Stierfell, das mit einem Stock geschlagen wurde. Kesselförmige Trommeln, die auch in nachchristlichen Quellen dundubhi genannt werden, sind auf Reliefs in Gandhara aus dem 1./2. Jahrhundert n. Chr. bekannt.[10] In der graeco-buddhistischen Kunst Gandharas sticht die Abbildung einer kleinen Stieltrommel auf einem Relief hervor, welche den Schlangenkönig Aravala zeigt, der von zwei Tänzerinnen und vier Musikerinnen umgeben ist. Die mit der tibetischen Kultur verbundene Abbildung der Stieltrommel schlagenden Musikerin in Gandhara zeigt das hohe Alter dieses Instrumententyps. Die Gandhara-Stieltrommel ist etwa halb so groß, aber in der Form ähnlich wie eine heutige dhyangro.[11] Der Ursprung der tibetischen Stieltrommeln ist in Indien zu suchen.[12]

Bauform

Wandernder Bettelmönch in Lhasa mit der ähnlichen tibetischen Doppelfelltrommel rnga

Der kreisrunde hölzerne Rahmen der dhyangro ist etwa 20 Zentimeter hoch und besitzt einen Durchmesser von 30 bis 50 Zentimetern. Beide Seiten sind mit Ziegenhäuten bespannt und an Holzringen fixiert, die X-förmig mit Hautstreifen gegeneinander verschnürt werden. Im Innern befinden sich rudraksha (Sanskrit, „Rudras Augen“) genannte Samen des Baums Elaeocarpus ganitrus, die beim Schlagen der Trommel ein prasselndes Geräusch produzieren und ansonsten zur Herstellung von Gebetsketten (Mala) verwendet werden. Der hölzerne Handgriff (Nepali murra tibetisch rnga-yu) ist in der Form eines Dolches (phurba) geschnitzt und aufwendig mit symbolischen Motiven verziert.

Nach einer ethnologischen Forschung Ende der 1950er Jahre bestanden die Membrane aus Reh- oder Affenhaut. Alain Fournier beobachtete 1969–70 den Schamanenkult bei den Sunwar. Nach seiner Beschreibung besteht eine dhyangro aus einem 10 Zentimeter hohen Rahmen, dessen Durchmesser 42 Zentimeter beträgt und der mit der Haut eines dreijährigen Rehwilds oder einer zweijährigen Ziege bezogen ist. Die Membrane sind nach Fournier bei den Sunwar mit Lederriemen oder Rattan gegeneinander verspannt. Der Rahmen wird aus Haselnussholz (Sunwar tsegi) oder aus Rhododendron arboreum (Sunwar thingre) hergestellt. Der etwa 30 Zentimeter lange Handgriff (goedaki) besteht aus demselben Holz. Die dhyangro wird nach den Anweisungen eines Heilers oder Schamanen hergestellt. Die Rasselkörper im Innern setzen sich bei den Limbu, wie Philippe Sagant 1976 beschrieb, aus sieben Reiskörnern, sieben Steinchen, drei Stückchen Weihrauch und einer Kupfermünze zusammen.

Ein vor 1979 vermutlich von den Tamang hergestelltes Exemplar misst 38 Zentimeter im Durchmesser und hat einen 12 Zentimeter hohen Rand. Die beiden Membranen sind an Ringen festgenäht und diese sind mit einem dünnen Bambusstreifen V-förmig gegeneinander verspannt. Durch eine in den Rahmen eingeschnittene Öffnung lassen sich diverse Rasselkörper aus Steinchen oder Körnern einfüllen. Die Einfüllöffnung wird durch den darüber festgebundenen, hölzernen Handgriff verschlossen. Der Handgriff dieser Trommel ist 35 Zentimeter lang und besteht am Übergang zum Rahmen aus einem Abschnitt mit drei vollplastisch geschnitzten Köpfen, die von einem Perlenbandmuster begrenzt werden. Das Mittelteil erinnert entweder an einen buddhistischen Donnerkeil (Sanskrit vajra, tibetisch rdo rje) oder an eine Doppelreihe Lotosblätter, die über ein spulenförmiges Zwischenstück – als Lotosblüte (padma) interpretiert – verbunden sind. Auf beiden Seiten wird dieses Teil durch einen glückverheißenden „endlosen Knoten“ (tibetisch dpal be’u) eingerahmt. Das Ende bildet eine dreikantige Form, die wie eine Dolchschneide spitz zuläuft und auf jeder Seite mit einem Vogelkopf verziert ist. Aus dem Schnabel und aus dem Kopf jedes Vogels kommt ein Naga (Schlange) hervor. Die Leiber der beiden zu einem Vogelkopf gehörenden Schlangen umwickeln sich und bilden so einen Hermesstab, der den Zwischenraum zwischen den Schneidkanten des Dolches ausfüllt. Das Motiv wird als die mythische Auseinandersetzung zwischen der Schlange und dem Göttervogel Garuda oder als der schlangenförmige Drache Makara (tibetisch chu srin) der indischen Mythologie verstanden.

Tibetischer Ritualdolch phurba

Auch wenn die aus der buddhistischen und hinduistischen Tradition stammende Symbolik der einzelnen Ornamente und gegenständlichen Formen unterschiedlich interpretiert werden kann, so stellt der Handgriff insgesamt nach allgemeiner Auffassung einen Dolch (Nepali kila, tibetisch phurba) dar. Wen die drei Köpfe vergegenständlichen sollen, darüber gehen die Ansichten auseinander: die Göttertrinität Brahma, Vishnu und Maheswar (Shiva) oder drei namentlich genannte tibetische Lamas oder Vajrapani, Hayagriva und der zornige buddhistische Gott Amritakundali oder es handelt sich um die drei Gesichter des vergöttlichten Phurba (Vajrakila).

Von den beiden Membranen gilt eines als männlich und das andere als weiblich. Dies drückt sich in unterschiedlichen, aber miteinander in Beziehung stehenden Zeichnungen aus. Nach Alain Fournier (1974) ist auf der „weiblichen“ (auch „friedfertigen“) Seite der Sunwar-Trommel in der Mitte ein Stern über den Berggipfeln dargestellt und auf der „männlichen“ (auch „gewaltsamen“) Seite ein Trishula (Dreizack), flankiert von Sonne links und Mond rechts.[13]

Der Rand der weiblichen Sunwar-Trommel wird von einer umlaufenden Kette von Rauten gebildet, die durch eine Kreislinie in der Mitte geteilt werden und so Dreieckspaare ergeben. Für die Sunwar stellen die mit der Spitze zur Mitte zeigenden Dreiecke Berge und die zum Rand zeigenden Dreiecke Täler dar. Die sie trennende Linie entspricht den Flüssen. Zusammen ergibt sich am Rand ein Abbild des Himalaya. Von einer gepunkteten Linie im Kreis über den Berggipfeln, welche die Sterne der Milchstraße darstellen soll, führen im Achsenkreuz vier aus jeweils vier Punkten gebildete Linien ins Zentrum. Dort befindet sich ein achteckiger Stern, von dem vier Rauten mit roter und die vier Rauten dazwischen mit weißer Farbe ausgemalt sind. Der zentrale Stern repräsentiert den Planeten Venus in dessen Zuschreibung als Morgenstern (weiß) und Abendstern (rot); die Punkte des Achsenkreuzes entsprechen den übrigen Sternen. Eine solche mythische Weltkarte mit Sonne, Mond, Sternen, menschlichen Figuren und Tieren dient auf vielen nordasiatischen Schamanentrommeln dem Schamanen als Orientierung bei seiner Jenseitsreise. Die ansonsten selten auf einer Trommel als Morgen- und Abendstern zugleich abgebildete Venus ist auch von den Teleuten bekannt.

Auf der männlichen Seite ist am Rand eine einfache Zickzacklinie zu sehen, bei der jede zweite, nach innen zeigende Spitze durch eine leicht einwärts gebogene Linie im Kreis verbunden ist. Mit der Zickzacklinie werden die Berge am Rand der Welt (entsprechend dem mythischen Ringgebirge, Qaf) dargestellt, die gebogene Linie steht für den Regenbogen. Eine gepunktete Kreislinie verweist wiederum auf die Milchstraße. Der auf einem quadratischen Podest (Altar) stehende Dreizack in der Mitte ist eines der Attribute Shivas, der in Ostnepal als Schutzgott der Schamanen gilt. Die Sonne links des Dreizacks ist als Kreis mit Strahlen erkennbar, rechts wird der Mond als abnehmende Mondsichel gezeigt. Die weißen Linien zeichnet der Schamane mit einem Finger und Kalkbrei.[14]

Geschlagen wird die mit der linken Hand am Stiel gehaltene Trommel mit einem S-förmig gebogenen Rohr (nagading) in der rechten Hand auf beide Seiten. Die männliche Seite wird beim Spielen nach außen gehalten. Ihrer rituellen Bedeutung entsprechend kann die Trommel mit bunten Schnüren, Stoffstreifen, Pfauenfedern, Stachelschweinborsten und Blättern von magischen Pflanzen behängt sein.

Verwendung und Bedeutung

Jhankri

Das Nepali-Wort für Schamane ist Jhankri (oder Jhakri). Der Jhankri fühlt sich mit Geistern der jenseitigen Welt in Verbindung stehend, von denen er durch Trance und in einem Besessenheitsritual Botschaften empfängt. Eine Gelegenheit, Ahnengeistern, Schlangengeistern (Nagas) und anderen Geistern (Bhutas) Ehre zu erweisen, bietet das jährliche Fest für die Clan-Gottheit, wofür am Dorfrand ein heiliger Bereich abgegrenzt und darin eine Hütte als Aufenthaltsort errichtet wird. Die Angehörigen des Clans bringen den Geistern Opfergaben in Form von Nahrungsmitteln und Blumen dar. Verehrt werden dort ebenfalls der Hochgott Mahadeo (Shiva), der im Wald hausende Schamanengeist Banjhankri („Wildnis-Schamane“) und diverse Waldgeister. Banjhankri wird als halbmenschliches und halbtierisches Wesen vorgestellt, einen Meter groß, dicht behaart und die Füße nach hinten gekehrt. In seiner linken Hand trägt er ein mit Milch gefülltes Gefäß und eine Trommel und in seiner rechten Hand einen gekrümmten Trommelschlägel. In dieser Gestalt, die er nur gelegentlich annimmt, verschleppt er Jungen und Mädchen aus den Dörfern und bringt sie in eine hinter einem Wasserfall verborgene Höhle. In einer Art mythischer Initiation lehrt er sie ein schamanisches Wissen – heilige Mantras und die Herstellung der dhyangro – und bringt seine Schüler, wenn er meint, dass sie genug gelernt haben, zurück in ihre Dörfer. Diese Verschleppung gilt als die eine mögliche Erklärung, weshalb eine Person zu einem Schamanen geworden ist. Im anderen Fall stellt sich heraus, dass eine Mensch von einem Geist besessen ist, etwa wenn er am ganzen Körper zittert oder andere ungewöhnliche Symptome zeigt. Ein solches Verhalten kann durch die Seele eines verstorbenen Jhankri verursacht sein, die nach dem Tod nicht einfach im Jenseits verschwindet, sondern sich in einem anderen Menschen niederlässt. Wenn die Seele nach 100 Jahren durch viele Jhankris durchgegangen ist, erreicht sie einen göttlichen Status.[15]

Als Nachbereitung für die als Berufungserlebnis verstandene psychische Geistererfahrung im Wald bedarf es eines erfahrenen Schamanen, um dem Schüler den Weg zu weisen und ihm die Fähigkeit zu geben, künftig Jenseitsreisen zu machen und unbeschadet von einem Geist besessen zu werden. Vom Schamanenlehrer erhält der angehende Schamane auch seine Trommel, die ihm üblicherweise in einem Ritual übergeben wird.[16] Jenseitsreisen werden entlang des zentralen Weltenbaums in die obere oder untere der drei Welten der schamanischen Kosmogonie im Nepal durchgeführt. Hierbei agieren die Schamanen als Vermittler für eine einzelne Person oder für die Gemeinschaft. Das Aufgabengebiet der in der traditionellen Gesellschaft hoch angesehenen Schamanen umfasst unter anderem Heilungen mit Pflanzenmedizin, die Abwendung von Gefahren und Heiratsvermittlung.

Der Schamane hält die dhyangro quer vor sich in Höhe des Kopfes und beginnt mit gleichmäßigen Schlägen zu trommeln. Dies bedeutet für ihn, dass sich sein Körper darauf vorbereitet, die aus allen Himmelsrichtungen angerufenen Geister in sich aufzunehmen. Spürt er Hitze- und Kältewallungen – als Zeichen, dass die Geister näherkommen – wechselt er unverzüglich in einen 4/4tel Takt. Ist dies geschehen, besingt er die anwesenden hilfreichen Geister und durchlebt erneut den Augenblick, als er bei seiner Initiation erstmals mit den Geistern in Berührung kam. Wenn der Schamane sich wild bewegt oder im Kreis tanzt, werden die Trommelschläge weniger. Je nach Zweck des Rituals begibt er sich auf die entsprechende Jenseitsreise. Die Trommel ist hierbei ein unverzichtbares Hilfsmittel. Die im Innern befindliche Kupfermünze oder ein rudraksha-Samen verkörpern den obersten der herbeigerufenen Geister. Nach der Vorstellung der Beteiligten enthält die Trommel die Seele des Schamanen und gelegentlich auch diejenige der durch das Ritual zu behandelnden Person. Zumeist schlägt der Schamane die männliche, nach außen gerichtete Seite. Wenn er beide Seiten verwendet, so ruft er am Anfang eines Rituals mit der „männlichen“ Seite die Geister herbei und vertreibt sie gegen Ende, indem er die „weibliche“ Seite in einem 3/4tel Takt schlägt. Die Sitzung geht danach in einen 2/4tel Takt über und endet mit einem gleichförmigen monotonen Trommelschlag. Für die Geister soll es egal sein, ob sie von einem männlichen oder weiblichen Schamanen herbeigerufen werden. Beide Geschlechter verwenden die Trommel zu denselben Zwecken. Außer mit der Trommel produziert der Schamane Geräusche mit Glöckchenketten und ist mit weiteren Ritualgegenständen behängt.[17] Um den Körper des Patienten von den Geistern zu reinigen, verwendet er einen Besen (chamer). Zur Versöhnung der Geister können Hühner, Gänse oder Ziegen geopfert werden[18].

Grundlegend für die Tätigkeit des Schamanen ist die Vorstellung, dass für die Ursache einer Krankheit ein böswilliger Geist, ein Ahnengeist, eine persönliche Störung oder eine Art emotionales Ungleichgewicht in der Dorfgemeinschaft verantwortlich ist. Sich zur Krankenheilung in einen Zustand der Besessenheit zu versetzen, ist außer im Nepal auch in Tibet und Indien eine gängige traditionelle Behandlungsmethode. Der tibetische Schamane bringt sich durch den Rhythmus der Sanduhrtrommel damaru (tibetisch gcod-dar) in ein Stadium der Trance. Ein nordindischer Heiler (ojha, den Brahmanen zugehörig) ruft die Krankheitsgöttin Shitala an, wodurch er direkt mit den krankmachenden Geistern Kontakt aufnehmen und diese zur Patientenheilung lenken kann. Hierfür werden Trommelschläge und Gesang eingesetzt.[19] In diesen Umkreis gehören in Indien auch mit Besessenheit verbundene Heilungsrituale im Tempel, etwa beim Jahresfest Siri jatre.

Schamanen gelten im Nepal als traditionelle Heiler, deren Anteil an der Behandlung von Krankheiten in den Dörfern trotz der sich seit den 1990er Jahren ausbreitenden medizinischen Grundversorgung nach westlichem Modell nach wie vor hoch ist. Neben dem Trommel schlagenden Schamanen werden zur Krankenbehandlung weitere Methoden angewendet: Trancezustand durch Murmeln von Mantras (Tantramantra), Ausblasen des böswilligen Geistes (phuknu) und Pflanzenmedizin (jadibuti), fallweise begleitet von Tieropfern. Für 1980 wurden die traditionellen Heiler im gesamten Nepal auf 400.000 bis 800.000 geschätzt, also weit über die hundertfache Zahl der vorhandenen modernen Ärzte, von denen jedoch die meisten in den wenigen Städten praktizieren. Wissenschaftliche Studien haben eine gewisse Wirksamkeit solcher traditioneller Methoden bestätigt.[20]

Puimbo

Sunwar feiern das Jahresfest Udhauli vor Beginn des Winters. Die Zeichnung auf der Zylindertrommel zeigt am Rand eine einwärts gebogene Linie und in der Mitte vier Trishuli (Dreizack): abgewandelte Motivdetails, die auf ihrer Schamanentrommel vorkommen.

Bei den Sunwar heißt der männliche Schamane Puimbo und seine weibliche Entsprechung Ngiami. Von besonderer Bedeutung ist der Priester, Naso, dessen Beruf im Unterschied zum Schamanen vererbbar ist. Der Naso ist mit der Anrufung der Gottheiten (Devatas) betraut, fällt selbst jedoch nicht in Trance und kann die Gottheiten nicht ohne Hilfe eines Schamanen beschwören. Bei öffentlichen Zeremonien, die üblicherweise tagsüber stattfinden, praktiziert der Naso Tieropfer. Die Schamanen führen dagegen ihre Rituale meist bei Nacht durch.[21]

Phombo

Die Jirel sind eine mit den Sunwar ethnisch verwandte Gruppe im Distrikt Dolakha. Sie nennen ihre traditionellen Heiler und Schamanen Phombo, was mit „Priester“ oder „Geistheiler“ übersetzt wird. Das Wort phombo erinnert an die Bezeichnung für den tibetischen Wahrsager, Heiler und Priester bon po (der Bon-/Bön-Tradition), der ebenfalls für seine Tätigkeiten eine Trommel (bon po’i rnga, „Trommel des bon po“) verwendet.[22] Vom Phombo unterscheiden die Jirel den Lama, den tibetisch-buddhistischen Priester. Auch wenn einige Lamas mit Mantra-Sprüchen und mit Pflanzenmedizin als Heiler praktizieren, werden sie nicht wie Phombos von Geistern besessen. Lamas sind in die Hierarchie ihrer Religionsgemeinschaft eingebunden, während Phombos nur mit ihrem spirituellen Meister, von dem sie ihre Einführung bekommen haben, in Verbindung stehen und ansonsten ohne übergeordnete Autorität unabhängig handeln.[23]

Zu den Gerätschaften des Phombo gehören neben der Trommel Zimbeln (jhaurta), mit denen die Geister auf die Anwesenheit des Phombo aufmerksam gemacht werden sollen, ein magischer Speer (barsa) und eine Sichel (hashiya). Speer und Sichel stellen magische Waffen gegen böswillige Geister dar. Die mehrere Stunden oder die ganze Nacht dauernde Heilungszeremonie findet im Haus des Phombo statt. Zum Zeichen der Anteilnahme haben sich Familienangehörige und Nachbarn im Behandlungsraum um den Patienten versammelt. Während der Phombo mit den Vorbereitungen beginnt, erwärmt ein Assistent die Membranen der Trommel über einem Feuer, um die richtige Tonhöhe einzustellen. Der Phombo ist mit einem knöchellangen weißen Gewand bekleidet und mit Halskette und Glöckchen behängt. Er trägt einen Kopfputz mit fünf Abbildungen buddhistischer Gottheiten, wobei die bei einem Jhankri üblichen Stachelschweinborsten und Pfauenfedern auf dem Kopf fehlen. Zur vorbereitenden Ausstattung gehören brennende Räucherstäbchen, die am Boden ausgebreiteten Waffen und ein Altar, der Menschenknochen, Mineralien, Götterstandbilder, etwas ungekochten Reis, chang (nepalesisches Hirsebier) und ein Gefäß (bumbo) mit heiligem Wasser und Blüten enthält. Nachdem der Phombo den Göttern chang offeriert hat, beginnt er die Trommel zu schlagen und mit hoher Stimme zu singen, begleitet von seinem Zimbel spielenden Assistenten. Die schneller werdenden Trommelschläge und zitternde Bewegungen sind ein Zeichen für die einsetzende Besessenheit des Phombo. Er spricht nun mit den herbeigerufenen Geistern, fragt, weshalb sie den Patienten befallen haben und gibt ihre Mitteilungen mit seiner eigenen Stimme weiter. Tanz, Trommelschlagen und die Übermittlung der Geisteraussagen dauert mit kleinen Unterbrechungen etwa eine Stunde. Danach wendet er sich direkt dem Patienten zu, um ihm die Ursache seiner Krankheit mitzuteilen. Der Patient muss etwas heiliges Wasser aus dem bumbo trinken, den der Phombo nun auf seinem Kopf platziert und damit eine weitere Stunde im Raum tanzt und Mantras spricht. Die Mantras sollen bewirken, dass der bumbo nicht beim Tanzen von seinem Kopf herabfällt. Die übernatürlichen Kräfte gehen in das Gefäß ein und machen den Inhalt somit wirkmächtig.[24]

Im Westen Nepals gibt es einen Dhami[25] genannten Schamanen, der keine Trommeln verwendet, wenn er seine von Geistern besessenen Patienten zu heilen versucht, indem er diese Geister in seinen eigenen Körper eindringen lässt. Er bedient sich der Hilfe eines Trommel spielenden Damai (Mitglied einer musizierenden Kaste von Schneidern auf der untersten Sozialstufe[26]).[21]

Literatur

Mireille Helffer, Gert-Matthias Wegner, Simonne Bailey: Dhyāngro. In: Laurence Libin (Hrsg.): The Grove Dictionary of Musical Instruments. Bd. 2, Oxford University Press, Oxford/New York 2014, S. 42

Mireille Helffer: The Drums of Nepalese Mediums. In: European Bulletin of Himalayan Research, 1997, S. 176–195

Michael Oppitz: Drawings on Shamanic Drums. In: RES: Anthropology and Aesthetics, No. 22, Herbst 1992, S. 62–81

Weblinks

Frame Drum (Dhyāngro), Nepal, Early 20th Century. National Music Museum, The University of South Dakota

Einzelnachweise

Mircea Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1980, S. 406

Pirkko Moisala: Nepal. In: Alison Arnold (Hrsg.): Garland Encyclopedia of World Music. Volume 5: South Asia: The Indian Subcontinent. Routledge, London 1999, S. 696

Felix Hoerburger: Studien zur Musik in Nepal. (Regensburger Beiträge zur musikalischen Volks- und Völkerkunde, Band 2) Gustav Bosse, Regensburg 1975, S. 13, 20

Thomas O. Ballinger, Purna Harsha Bajracharya: Nepalese Musical Instruments. In: Southwestern Journal of Anthropology, Vol. 16, No. 4, Winter 1960, S. 398–416, hier S. 413f

Mireille Helffer, 1997, S. 188

Mireille Helffer, 1997, S. 185f

Michael Oppitz: Drawings on Shamanic Drums, 1992, S. 65

Mingma Thundu Sherpa, Abhishek Mathur, Sayak Das: Medicinal Plants and Traditional Medicine System of Sikkim: A Review. In: World Journal of Pharmacy and Pharmaceutical Sciences, Bd. 4, Nr. 2, 2015, S. 161–184, hier S. 166

Bigamudre Chaitanya Deva: Musical Instruments. National Book Trust, Neu-Delhi 1977, S. 33f

Walter Kaufmann: Altindien. Musikgeschichte in Bildern, Bd. 2. Musik des Altertums, Lieferung 8. VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1981, S. 32

Maximilian Hendler: Oboe – Metalltuba – Trommel: Organologisch-onomasiologische Untersuchungen zur Geschichte der Paraphernalieninstrumente. Teil 2: Trommeln. Peter Lang, Frankfurt 2001, S. 172

Ter Ellingson: Indian Influences in Tibetan Music. In: The World of Music, Vol. 24, No. 3 (Sacred Music) 1982, S. 85–93

Mireille Helffer, 1997, S. 177–183

Michael Oppitz: Drawings on Shamanic Drums, 1992, S. 65f

Moham Bikram Gewali: Aspects of Traditional Medicine in Nepal. Institute of National Medicine, University of Toyama, 2008, S. 22

Stacy Leigh Pigg: The Credible and the Credulous: The Question of "Villagers' Beliefs" in Nepal. In: Cultural Anthropology, Vol. 11, No. 2, Mai 1996, S. 160–201, hier S. 166

Bhola nath Banstola: Jhankri. The Shamans of Nepal.

Moham Bikram Gewali: Aspects of Traditional Medicine in Nepal. Institute of National Medicine, University of Toyama, 2008, S. 22

Regina Gelfo: Indigenous Music Healers’ Techniques: Entrainment as Bridge Between Traditional and Contemporary Music Healing. (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Cross-Cultural Music and the Tomatis Method and other Auditory Stimulation Programs. California Institute of Integral Studies, um 2013, S. 6f

Masamine Jimba: First aid kit: a challenging new tool for traditional healers in Nepal. (Working Copy) Takemi Program in International Health, Harvard School of Public Health, 2001–2002, S. 3f

Alain Fournier: The Role of the Priest in Sunuwar Society. In: Kailash, 2/3, 1974, S. 153–166, hier S. 155–157

Vgl. Mircea Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1980, S. 405

H. Sidky, Ronald H. Spielbauer, Janardan Subedi, James Hamill, Robin Singh, J. Blangero, S. Williams Blangero: Phombos: A Look at Traditional Healers Among the Jirels of Eastern Nepal. In: Nepalese Studies (The Jirel Issue). Januar 2000, S. 39–52, hier S. 40–42

H. Sidky, Ronald H. Spielbauer, Janardan Subedi, James Hamill, Robin Singh, J. Blangero, S. Williams Blangero: Phombos, 2000, S. 48f

Dhami bezeichnet in Nepal je nach Region unterschiedliche schamanische Heiler. Vgl. András Höfer, Bishnu P. Shrestha: Ghost Exorcism Among the Brahmans of Central Nepal. In: Central Asiatic Journal, Vol. 17, No. 1, 1973, S. 51–77

Carol Tingey: Digging up Data in a Nepalese Field. In: The Musical Times, Vol. 133, No. 1790, April 1992, S. 170–173

Kategorien:

Kultur (Nepal)SchamanismusSchlagtrommelKultgegenstand

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Später beeinflussten sich der Bön und der Buddhismus gegenseitig (→ Synkretismus), wobei aus dem Bön rituelle und schamanistische Elemente oder Bön-Gottheiten in den Buddhismus gelangten und umgekehrt der Buddhismus den Bön wesentlich beeinflusste.

1977 wurde der Bön von der tibetischen Exilregierung und vom Dalai Lama offiziell als fünfte spirituelle Schule des Tibetischen Buddhismus anerkannt.

2006 wurde das Yundrung-Bön Zentrum Shenten Dargyé Ling in Frankreich als Kloster einer eigenständigen Glaubensgemeinschaft vom Staat anerkannt.

Inhaltsverzeichnis

1 Geschichte

2 Verbreitung

3 Formen

3.1 Alter Bön/Schwarzer Bön

3.2 Ewiger Bön/Yungdrung-Bön

3.3 Neuer Bön

4 Lehren

5 Meditation und Dzogchen

6 Praktiken

7 Mythologie

8 Das Pantheon des Bön

8.1 Der Vogel Khyung

8.2 Sangs po 'bum khri

8.3 Palden Lhamo

8.4 Pehar

8.5 Lha, bTsan, gNyan

9 Literatur

9.1 Kanonkataloge

10 Weblinks

11 Einzelnachweise

Geschichte

Teil eines Bön-Lebensrades

Bön-Kloster Khyungpori Tsedruk in Nord-Tibet (AGT)

Die erneuerte Bön-Religion geht der Legende nach auf den mythischen Tönpa (Meister) und Buddha Shenrab Miwoche aus dem Land Tagzig zurück und soll frühere Tieropfer durch symbolische Opferungen abgelöst haben.[2]

Später breitete sich der erneuerte-Bön aus und war Staatsreligion in Zhang-Zhung das den heiligen Berg Kailash umgab. Der zentraltibetische König Songtsen Gampo eroberte im 7. Jahrhundert (vermutlich 634) das Land und beendete mit der Tötung des Königs Ligmincha (Ligmirya) dessen Dynastie.

Unter König Trisong Detsen (ab 755) wurde der Bön zunehmend vom Buddhismus verdrängt und verfolgt. Unter König Langdarma (Regierungszeit 836–842) besserte sich die Lage der Bönpa (Anhänger des Bön) vorübergehend. Nach seiner Ermordung zerfiel das tibetische Königreich. Durch die weitere Verfolgung wurden die Bönpa in die Randbereiche des tibetischen Kulturraumes abgedrängt wie Amdo im Nordosten sowie Dolpo in Nepal.

Mit dem Beginn der so genannten „neuen Übersetzungstradition“ (Sarma) des Buddhismus im 11. Jahrhundert reorganisierten sich sowohl die buddhistische Nyingma-Tradition als auch der Bön auf der Grundlage wieder aufgefundener Lehrtexte (Terma) aus der Zeit der Verfolgung und Wirren. Es wurde ein systematisches Lehrgebäude geschaffen und es verbreitete sich die Ordination von Mönchen und Nonnen.

1405 wurde das Kloster Menri von Bön-Lama Nyammed Sherab Gyeitshen gegründet. Dieses und das später gegründete Kloster Yungdrung Ling wurden Hauptzentren des Bön.

Nach dem Einmarsch der chinesischen Armee Mitte des 20. Jahrhunderts wurden sowohl der Bön als auch der Buddhismus streng verfolgt, besonders während der chinesischen Kulturrevolution (1966–76). Kein tibetisches Kloster hat die Wirren dieser Zeit unbeschädigt überstanden. Das Bön-Kloster Menri wurde in Dolanji im indischen Exil neu gegründet.

1977 erkannte der Dalai Lama Bön als fünfte spirituelle Schule Tibets an. Dem tibetischen Exilparlament gehören seitdem zwei Vertreter des Bön an, wie für die anderen vier Hauptschulen des tibetischen Buddhismus.

Heute gibt es in Tibet und China über 264 aktive Bön-Tempel beziehungsweise Klöster.

Verbreitung

Abgesehen vom wiederaufgebauten Menri-Kloster in Dolanji im indischen Exil ist der Bön in Tibet und in Nepal noch lebendig. In Ost-Tibet ist Bön weiter verbreitet, vereinzelte Kommunen gibt es auch in West- und Zentraltibet sowie unter Nomaden. Seit den 1980er Jahren wurden in Tibet einige Bön-Klöster wieder aufgebaut und von Mönchen besiedelt, so Yungdrung Ling. Des Weiteren ist die Religion des Primi-Volkes in Yunnan eng mit dem tibetischen Bön verwandt.[3]

Formen

In der Geschichte des Bön treten drei unterscheidbare Formen auf, die noch praktiziert werden. Die älteste ist eine vorbuddhistische animistisch-schamanistische Religion, auch alter Bön oder schwarzer Bön genannt. Die zweite Form ist der Yungdrung-Bön, auch ewiger oder glückverheißender Bön genannt, der auf den Buddha Shenrab Miwoche zurückgehen soll. Der neue Bön beruht auf wiederaufgefundenen Texten (Terma).

Bön-Schrift

Alter Bön/Schwarzer Bön

Die animistischen Ursprünge stammen aus vorbuddhistischer Zeit und enthalten schamanistische Rituale und Glaubensformen, die sich vom neuen Bön stark unterscheiden. Die Gelugpa setzten Bön-Zauberer (Nagspa) ein, um Dämonen abzuwehren, und auch die Praktiken des tibetischen Staatsorakels stammen aus der alten Tradition.

Während spätere Bön-Formen die buddhistischen Vorstellungen von Karma und Reinkarnation übernahmen, waren und sind im alten Bön Begräbnisriten zentral, und es gab komplexe Begleitrituale beim Tod des Königs, eines hochgestellten Adligen oder eines Ministers, um diese auf ein gutes Leben im Jenseits vorzubereiten.

Die Bön-Religion hat ein eigenes Pantheon von Göttern, Geistern, Dämonen und anderen Wesen. Die Ritualthemen sind Zauberei, Tranceerlebnisse, Opfer an die Götter, Wahrsagerei, Reisen in die Unterwelt, Wetterzauber, medialer Kontakt zu Geistern und die Abwehr von Dämonen.

Der originale Bön ähnelt somit anderen animistischen Religionen wie dem japanischen Shintō, dem altaischen Animismus oder dem chinesischen Schamanismus.

Ewiger Bön/Yungdrung-Bön

Bön-Mani-Stein mit dem Mantra Om ma tri mu ye sa le du.

Yungdrung Bön (Swastika-Bön), auch Ewiger Bön genannt, geht auf den mythischen Lehrmeister und Buddha (Tönpa) Shenrab Miwoche zurück. Historische Vertreter der Yungdrung-Bön-Tradition sind die Meister Tapihritsa und Drenpa Namkha.

Die Lehren dieser Schule umfassen mehr als 200 Werke. Darunter finden sich auch Schriften zu Philosophie, Heilkunde, Metaphysik und Kosmologie. Die philosophischen Grundlagen stehen dem Buddhismus nahe, so die Lehren über Karma (das Gesetz von Ursache und Wirkung) und Mitgefühl. Die Gottheiten des Alten Bön wurden als Meditations-Gottheiten (Yidam-Gottheiten) oder als Beschützer der Lehre eingebunden und umgekehrt wurden Gottheiten und Dämonen des Bön von den buddhistischen Nyingmapa übernommen.

Tenzin Namdak, Abt eines Bön-Klosters in Nepal

Die Hauptlehren des Yungdrung-Bön sind die „Neun Wege“, andere Unterteilungen nennen „Vier Pforten und eine Schatzkammer“ oder die „Äußeren, Inneren und Geheimen Unterweisungen“. Letztgenannte sind Sutra, Tantra und Dzogchen, ähnlich derer der Nyingma-Schule. Es gibt Hinweise, dass Dzogchen, die Lehren über die „Große Vollkommenheit“, bereits vor dem Buddhismus in Zhang Zhung existierten. Die Dzogchen-Lehren der Nyingma gehen im Unterschied dazu auf Garab Dorje aus dem Land Oddiyana zurück.

Unter den Lehren finden sich auch die Belehrungen des „Zhang Zhung Nyan Gyud“, die "mündlichen Unterweisungen von Zhang Zhung", die ältesten Überlieferungen eines Dzogchen-Meditationssystems der Bön.

Vertreter des Yungdrung-Bön die im Westen lehren sind der ehrwürdige Yongdzin Tenzin Namdak Rinpoche und sein Schüler Tenzin Wangyal Rinpoche.

Bön-Kloster in Sichuan

Neuer Bön

Der neue Bön, auch reformierter Bön genannt, steht systematisch zwischen Yungdrung-Bön und der buddhistischen Nyingma-Tradition. Er entwickelte sich ab dem 14. Jahrhundert aus einer Synthese von Lehrelementen des Yungdrung-Bön und Elementen der Nyingma, vor allem durch das wechselseitige Auffinden von Termas der Bön- und der Nyingmatradition. Ein Vertreter des neuen Bön war Bönzhig Yungdrung Lingpa, als Nyingma-Tertön auch unter dem Namen Dorje Lingpa (1346–1405) bekannt.

Die Rituale ähneln buddhistischen, wobei die rituelle Umkreisung gegenläufig ist. Die angerufenen Gottheiten, Ikonographien, Mythen und Mantren sind bönspezifisch. Auch unterscheidet sich die Ausbildung eines Bön-Mönches nicht von der buddhistischer Mönche, beispielsweise kann ein Geshe-Grad durch Studium von Logik und Philosophie erworben werden und das Ziel der Praxis, Dzogchen, unterscheidet sich nicht allzu sehr vom buddhistischen Dzogchen, in der Liturgie wird Padmasambhava angerufen und den Altar schmückt häufig auch ein Bild des Dalai Lama.

Lehren

Die Lehren des Bön basieren auf umfangreichen Schriften (Kanjur und Tanjur) die verschieden gegliedert werden. Eine der Gliederungen ist jene in die "Neun Wege" des Bön, welche in groben Zügen den neun Fahrzeugen der Nyingma-Tradition entsprechen. Die Grundsätze der Lehre sind dieselben wie im auf Buddha Shakyamuni zurückgehenden Buddhismus, der nach Bön-Auffassung in einem früheren Leben Schüler von Tönpa Shenrab Miwo war. Trotz dieser Nähe zum Buddhismus hat der Bön jedoch auch noch eigene Lehren, Rituale, Mythen und Götter, so dass er als eigenständige Religion gilt.

Die neun Wege des Bön sind folgend eingeteilt:

Weg des Priesters der Voraussage: Wahrsagekunst, Astrologie, Ritualistik und Medizin.

Weg des Priesters des Visuellen: Methoden zur Befriedung der Götter und Dämonen des Diesseits.

Weg des Priesters der Illusion: Methoden zur Beherrschung von Feinden.

Weg des Priesters der Existenz: Methoden zur Erlösung und Fragen über den Zeitraum zwischen Tod und Wiedergeburt.

Weg der tugendhaften Anhänger: Gläubige, die tugendhaft handeln, nach Vervollkommnung streben und Stupas bauen und verehren.

Weg der Asketen: Asketische Disziplinen, teilweise buddhistisch, teilweise unbuddhistisch.

Weg des reinen Schalls: Praxis des höheren Tantras, Theorien über Verwandlung durch Mandalas.

Weg des urzeitlichen Priesters: Ausüben der Praxis von Mandalas durch Anfertigung, Meditation und Verwirklichung von überrationalen Zuständen der Vollkommenheit.

Die höchste Vollendung (Dzogchen)

Andere Einteilungen sprechen von vier Pforten und einer Schatzkammer oder von fünf Schatzkammern.

Die neun Wege betreffen unterschiedliche Priestergruppen, die unterschiedliche Aufgaben wahrnahmen. Das Schrifttum des Bön reicht weit zurück und die Einteilungen in Kategorien von Zauber sind eine buddhisierte Form des Schrifttums. In älteren Schriften wird manchmal von anderen Kategorien gesprochen, wie z. B. Himmelsbön oder Begräbnisbön, so dass unterschiedliche Priestergruppen wohl schon unterschiedliche Aufgaben im ursprünglichen Bön wahrgenommen hatten.

Meditation und Dzogchen

Meditationssysteme sind im neuen Bön in drei Formen unterteilt:

Das wichtigste der Meditationssysteme stellt das Zhang Zhung Snyan grud dar, das auf einen Meister aus Zhang Zhung bis ins 8. Jahrhundert zurückgehen soll.

A khrid soll auf einen Eremiten des frühen 11. Jahrhunderts zurückgehen. Diese Meditation ist in Perioden aufgeteilt, die ein bis zwei Wochen dauern. Anfänglich gab es 80 Perioden, später nur noch 15.

Anfang des 11. Jahrhunderts fand man Texte, die Dzogchen beschrieben und von der 'höchsten Vollendung' handelten. Diese Texte ähneln denen der Nyingma.

Praktiken

Phurba

Tibetischer Maskentänzer

Schamanen und Priester, die meist außerhalb der Klöster leben, besänftigen Geister durch Opfergaben, treiben Dämonen aus oder opfern symbolisch Teigfiguren, Zeremonialkuchen, Mehl und Butter. Die Bönpa glauben an Magische Praktiken und Shenrab Miwo selbst habe diese weitergegeben. Dazu gibt es Mysterienspiele mit Maskentänzen, Gesänge und Opfergaben. Die Tänze werden sTag dmar 'Cham, 'der Tanz des roten Tigerdämons', genannt und handeln oft von den alten Berggottheiten Tibets. Die Cham-Tänze wurden vom Buddhismus übernommen.

Ebenfalls vom Buddhismus übernommen wurde der Phurba-Kult. Phurbus, bzw. Phurbas sind magische Dolche zur Dämonenbannung, für den Wetterzauber wie Hagelabwehr oder zur Reinigung. Der Meister Shenrab Miwo wurde stets mit einem großen Phurbu in der Hand abgebildet. Der Phurbu-Zauberer war auch gefürchtet wegen schwarzer Magie. Der Fluch der wandernden Dolche z. B. sollte dazu dienen, ein Opfer über größere Entfernungen zu vernichten. Dazu wird der Phurbu in den Händen gerollt, mit magischen Formeln besprochen und mithilfe des Dolch-Gottes Phurpa geschleudert, um das Opfer telekinetsch zu treffen.

Zor-Rituale benutzen magische Waffen, die Zor, um schlechte Einflüsse abzuwehren. Zor sind zumeist aus Teig gemachte kleine Pyramiden, die mit magischen Kräften ausgestattet werden. Schleudert man einen Zor, so setzt er magische Kräfte frei, die den Feind oder das Unheil zerstören sollen.

Fadenkreuze, Mdos, werden als Geisterfallen hergestellt. Sie bestehen aus Fäden, die geometrische Figuren an gekreuzten Holzstäben bilden. Das Herstellen von Fadenkreuzen erfordert ein komplexes Ritual, in dessen Verlauf Gottheiten eingeladen werden, das Fadenkreuz zu beziehen. Fadenkreuze sind häufig über Haustüren angebracht, um das Haus und seine Bewohner zu schützen. Nach einer bestimmten Zeit wird das Fadenkreuz zumeist mit den darin gefangenen Dämonen verbrannt.

Amulette und Talismane werden auch als Schmuck getragen, oft aus Koralle und Türkis oder in silbernen Behältnissen. Diese Glücksbringer, oft auch mehrere, werden in jedem Alter und allen sozialen Schichten getragen,.

Schadenzauber soll von schwarzen Bönpa oder Nagspa (Zauberern) gegen Bezahlung ausgeübt werden, beispielsweise wird das Horn eines Wildyaks rituell mit einer Zeichnung des Opfers und mannigfaltigen unreinen Substanzen gefüllt, mit schwarzem Faden verschlossen und im Fundament der Behausung des Opfers verborgen.

Mythologie

Die vielfältigen Mythen der Bön behandeln Kosmogonie, Theogonie und Genealogie in verschiedenen Komplexitätsstufen. Viele Erzählungen oder Traktate beschreiben detailliert Zauber und Gerätschaften und beziehen sich häufig auf verschiedene Formen von Exorzismus und Magie.

Wiederkehrende Motive sind die Unterscheidung zwischen dem Wohltuenden und dem Schädlichen, die Paarbildung von Gottheiten oder mythischen Wesen und die Einteilung in gute, böse und ambivalente Gottheiten. Auch heilige Orte wie Grotten und Berge sind ein wiederkehrendes Motiv, letztere entsprechen der Seele des Landes oder Schutzgöttern.

Der wichtigste Berg der Bön ist der Kailash (auch Ti Se), Seele des Landes, Sitz der Himmelsgötter, Mittelpunkt der Welt und wird als riesiger Chörten aus Kristall oder als Palast bzw. als Sitz eines Palastes bestimmter Götter gedacht mit vier Toren, die von Wächtern der Himmelsrichtungen bewacht werden.

Tagzig Olmo Lungring wird als reines Land gedacht, jenseits der unreinen Existenz indem alle Erleuchtete wiedergeboren werden. Es ist unzerstörbar und von ewigem Frieden und Freude erfüllt. Der Yungdrung-Bön hat hier seinen Ursprung und auch Buddha Shenrab Miwo wurde hier geboren.